Dienstag, 20. November 2012

Ein verplanter John und irgendwie Nichts.

4.11.2012

Es ist Sonntag und den ganzen Tag am regnen. An solchen Tagen beschränkt sich die Gestaltung unseres Freizeitprogramms auf irgendwelche Drinnenaktivitäten. Der Trailer zählt nur bedingt zu „drinnen“, wir haben zwar ein Dach über dem Kopf, es ist aber nicht wasserdicht. Das Auto zählt schon eher zu drinnen, wobei sich die Drinnenaktivitäten hier wiederum auf’s Fahren beschränken. Echt ätzend, dieser Regen.
Wir machen einen spontanen Waschtag und gehen einkaufen. Noch ätzender als Schlafen ist bei diesem Regen Kochen. Da wir mit unseren Gasflaschen nicht im Zelt kochen wollen um uns nicht selbst zu vergasen, sind wir gezwungen, draußen zu kochen.

5.11.2012

Es regnet immer noch, aber wir sind ja jetzt wieder schön auf der Arbeit und dürfen unterm Vordach arbeiten.
Schön wär’s, Michael schickt uns raus in die Büsche um irgendwelche blöden Pflanzen aufzustellen, die das Wetter offenbar zum Umfallen fanden. Den Rest des Tages darf ich weiterhin Flowerpötte auspacken und möglichst gleichmäßig in der Gärtnerei verteilen.
Marius bekommt einen „Whipper Snipper“, ein Flowermopped der ganz besonderen Art. Allerdings wissen wir nicht mehr, wie man die Teile in deutsch nennt? Ihr kennt doch bestimmt die Teile, an dem vorne ein rotierender Kopf mit Plastikfaden ist? Damit darf er auf jeden Fall den ganzen Tag arbeiten. Währenddessen schaffe ich es fast, mir mit Hilfe großzügiger Verplantheit und einer Gartenschaufel eine ansehnliche Narbe zuzufügen. Ist aber noch mal gut gegangen. Ich wollte die Schaufel eigentlich nur mürrisch auf einen Erdhaufen werfen, der direkt vor mir war. Die Schaufel landet offenbar in einem ungünstigen Winkel und wird mir fragwürdigerweise fast ins Gesicht katapultiert. Ich mein, ich hab mich letztes Jahr schon mal an einen Knoppers geschnitten, das fand ich schon irgendwie merkwürdig, wenn ich mich heute mit einer Schaufel umgebracht hätte wäre mir das irgendwie peinlich.

7.11.2012

Das Wetter lässt nach wie vor zu wünschen übrig, der Regen hat jedoch nachgelassen. Unsere Lust auf’s Arbeiten auch. Marius hat weiterhin Spaß mit seinem Whipper-Snipper und ich darf immer noch den ganzen Tag irgendwelche blöden Bäume umtopfen.
Michael erzählt mir, dass Johns Vater am Freitag Vormittag gestorben sei.
Ähh, STOP! War Freitag nicht der Tag, an dem John uns auf ein Feierabendbierchen eingeladen hat? John konnte seinen Papa offenbar nicht besonders gut leiden.

9.11.2012

Endlich Freitag! Super Wetter, super Laune und super ätzende Arbeit. Bäume umtopfen ist echt nichts für mich. Ich kann echt keine Bäume mehr sehen, Töpfe auch nicht so gerne. Gegen elf Uhr habe ich allerdings alle Töpfe aufgebraucht, wunderbar!
Kurze Zeit später kommt Marius mit einer unglaublich großen und roten Birne an und erklärt, dass der Heuschnupfen ihm beim Whipper-Snippern gehörig zu schaffen mache, daraufhin tauschen wir die Arbeit. Marius sagt, dass Michael vor kurzem neues Benzin für den Whipser-Schnipser geholt habe und dass dieser seit dem nicht mehr so richtig funktioniere. In der Tat: Ich arbeite ca. 15 Minuten und das komische Viech geht immer nach eigener Lust und Laune an und aus. Tolles Teil. Ich geh zu Michael und sag, dass das Teil nicht mehr funktioniere, Michael fragt mich ob ich Benzin drin habe.
Seh ich wirklich so doof aus? Michael schickt mich zu Darren, der habe mehr Ahnung von Snipper-Whippern. Ich geh zu Darren und beschwer mich über den Snipper-Snappern und er fragt mich, ob ich Benzin drin habe. Na toll, noch so ein Genie. Ich zeige ihm, dass der Tank noch zu ¾ gefüllt ist und Darren meint, ich soll den Tank doch mal ganz voll machen. Außerdem arbeite ich damit, deswegen müsse ich schließlich auch wissen, wie das Teil funktioniert.

??? Woher denn ??? Denkt der, dass ich nach der fehlenden Sicherheitsunterweisung noch schnell ‚ne Mechanikerlehre gemacht hab und den Wecker-Snacker jetzt eben zerlegen kann? Komischer Kauz. Ich bekomm das Teil auf jeden Fall irgendwie zum Laufen und arbeite für den Rest des Tages auch damit.
Gegen 17:00h dürfen wir pünktlich Feierbabend machen, John kommt an und erklärt, dass er leider keine Arbeit mehr für uns habe.



Irgendwie fällt mir gerade echt nicht ein, was ich dazu schreiben soll. Ich mein, der John war ja immer schön lieb und nett, er hat uns heute sogar noch auf ein Feierabendbierchen eingeladen und erklärt, dass durch den Frühlingsanfang die Wasserkosten erheblich gestiegen seien und dass die Verkaufszahlen bis jetzt für dieses Jahr auch sehr schlecht seien. Das ändert unserer Meinung jedoch nichts daran, dass John nicht im ersten Jahr Chef seiner Gärtnerei ist und so was im Voraus hätte planen können.
Ich habe im Internet gelesen, dass der typische Australier ganz anders mit Geld umgeht, als ein typischer Deutscher. Der Australier gibt sein Geld direkt aus während der Deutsche stets versucht zu Sparen. Im Falle eines Engpasses fängt der Australier an sämtliche Ausgaben drastisch zu reduzieren, während der Deutsche auf seine Ersparnisse zurückgreifen kann.
Bei dem Australier ist das Geld im Portemonaie sozusagen ein auf und ab, während es bei dem Deutschen eher Konstant ist. Bislang konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass das stimmt, Johns Verhalten nach zu urteilen könnte man dieser Theorie jedoch Glauben schenken.

Nach der Arbeit gehen wir schwimmen und beschließen den heilgen John mit einem kleinem Goon zu würdigen. Zuhause am Campingplatz erwarten uns neue Nachbarn: zwei Australier, ungefähr genauso alt wie Marius und ich, arbeitslos, ihre mobile Heimat ist ein Sportwagen von Hyundai. Mit an Bord: Freddy, ein Frettchen, dass der Besitzerin irgendwie ähnlich sieht und Fluffy der Flusenhund. Die scheinen ja echt ein tolles Leben zu haben. Bestimmt absolut ohne Rücken- oder Platzprobleme. Sieht auch sehr bequem aus, ihr 120 Ps starkes Heim.

10.11.2012

Wunderbar, kam zwar etwas unerwartet, aber für ein verlängertes Wochenende sind wir beide doch immer gerne zu haben. Wir beschließen ein paar Pflichtziele abzufahren um ein paar Fotos zu schießen und uns anschließend auf die Reise zu machen. Das heutige Ziel lautet Fremantle. Das ehemalige Fischerdorf besitzt heute einen ansehnlichen Yachthafen und wirbt mit den besten Fish& Chips des Landes. Da wir beide nicht so die Fischesser sind bestellen wir uns Fish& Chips nur halt ohne den Fisch. Die Fritten hier schmecken echt toll.

11.11.2012

Punkt 11:11:11 Uhr stoßen wir beide mit einem Bier an und lehren unseren australischen Nachbarn den deutschen Karneval. Offenbar haben diese Banausen nicht viel für die Höhner übrig, schade.
Stimmungsverderber ist mal wieder der Regen. Viele Australier haben uns schon erzählt, dass dies der regnerischste Winter bzw. Frühling seit eh und jäh ist, na ein Glück dürfen wir das miterleben. Wir verbringen den veregneten Teil des Tages im Einkaufszentrum und die anderen paar Minuten im Zelt.

12.11.2012

„Boy, boy! Boy!!! Boy! Get up!”

Ich werde von echt ätzenden Gepolter und Geklopfe am Fenster geweckt. Am Fenster steht das Mädel aus dem Sportwagen, die wir am Freitag kennengelernt haben. Sie fragt ob ich ein Starthilfekabel habe und ob ich ihr und ihrem Freund, Frettchen und Hund bzw, deren Auto Starthilfe geben kann. Ich erkläre ihr, dass es noch vor neun ist und das meine Antwort dementsprechend nein lautet, sie poltert weiter. Anscheinend bleibt mir nichts anderes über als ihr den Gefallen zu tun. Ich versteh zwar nicht, warum ausgerechnet ich der Auserwählte bin, der diese Ehre hat, da auf dem Campingplatz schon mehrere Leute wach sind und ihr Freund bereits Jemanden angesprochen hat, der theoretisch auch mit Starthilfe dienen könnte, aber was soll’s. Erst auf den dritten Blick fällt mir auf, dass die beiden nicht mehr in einem Hyundai Sportwagen sitzen, sondern in einem uralten und verkalkten Hyundaibus. Er erklärt mir, dass die Autos am Strand mit einem Surfer getauscht hätten. Ich gratuliere ihm, gebe ihm die blöde Starthilfe und geh zurück ins Bett.
Tagsüber lassen wir unser Auto auschecken, ob auch noch alles in Ordnung ist und fahren anschließend nach Perth um noch ein paar Fotos zu machen. Perth ist ja echt eine tolle Stadt, eignet sich aber irgendwie schwierig zum Fotos machen. Vielleicht ist dies auch eher auf unser Talent im schlechte Fotos machen zurückzuführen, wir bekommen jedoch nichts super tolles Zustande.

14.11.2012

Gestern haben wir alles zusammengepackt und saubergemacht, heute brechen wir auf nach Bunbury. Die Fahrt verläuft unproblematisch, wir kommen gegen sieben Uhr auf einem günstigen Campingplatz an und nachdem wir alles aufgebaut haben beschließen wir die Gegend auszukundschaften. Nahe gelegen ist der Strand der sogar für Autos zugänglich ist. Ob unser Auto wohl Strandtauglich ist? Angeblich schon, außerdem ist unser Campingnachbar mit einem viel älteren Karren gerade vom Strand gekommen. Also, Go!
Unser Auto ist Strandtauglich!!!
Allerdings nur die ersten 30 Meter. Danach haben wir uns so was von fest gefahren.. Unser Auto hat sich echt beachtlich tief in den Sand eingegraben. Na toll, das fehlt natürlich noch. Arbeitslos und Sand im Getriebe. Wir reduzieren den Luftdruck auf ca. 1,5 Bar, Marius fängt an zu buddeln und ich geh zur Straße und pflücke ein paar Straßenpöller, die wir denn zusammen mit den Fußmatten unter die Reifen schieben. Außerdem müssen unsere Arbeitshosen dran ebenfalls dran glauben. Nach ca. zwei Stunden des Buddelns, Ziehen, Drücken, Fährten legen und fahren haben wir es tatsächlich geschafft mal wieder aus der Klemme bzw. aus dem Sand zu kommen. So was passiert natürlich nur uns.

15.11.2012

Wir fahren nach Bunbury um uns mal die Innenstadt anzuschauen. Wenn man mal so durchs Einkaufszentrum läuft, fällt einem auf, dass die Läden hier echt anders sind als in Deutschland. Während in Deutschland die Leute wenigstens so tun als würden sie lieber im „Tante Emma Laden“ einkaufen anstatt die Großkonzerne zu unterstützen hat man hier keine Wahl. Es gibt hier NUR Großkonzerne, jedes Einkaufszentrum ist gleich aufgebaut, private Supermärkte sind hier total rar. Die Großkonzerne schließen sich hier sogar noch zusammen: Wenn man bei Coles (vergleichbar mit Lidl) für mehr als 30$ einkauft, spart man beim nächsten Tanken bei einer Shell Tankstelle acht Cent pro Liter. Private Supermärkte oder Tankstellen haben dementsprechend echt keine Überlebenschance.
Bunbury ist insgesamt aber recht schön und am Meer gelegen, wir gehen schwimmen und beobachten doch tatsächlich einen Nissan Navara, der sich im Sand fest fährt. Anscheinend passiert so was doch nicht nur uns. HA!

16.11.2012

Nächstes Reiseziel: Wave Rock. Wie der Name schon sagt ist das ein Fels der die Form einer Welle hat. Der 2,7 Milliarden alte Felsen ist ungefähr 100 Meter lang und 15 Meter hoch und liegt in dem Dorf Hyden. Regen, Frost und die Hitze haben den Stein über die Zeit hin diese unglaubliche Form gegeben. Der Wave Rock, oder auch „Wellenstein“ ist echt einzigartig, die Aussicht vom Kopf des Felsen ist noch schöner. Wir übernachten ungefähr 70Km östlich von Hyden auf einem freien Campingplatz. Die unbefestigte Straße führt zum kleinen Dorf Norseman und wir sind in der Nacht die einzigen Gäste auf dem Platz. Keine Menschenseele, kein Licht, gar Nichts. Echt ein komisches Gefühl zu wissen, dass die nächste Menschenseele ca. 70 Km entfernt ist.

17.11.2012

Beim zusammen packen werden wir von unglaublich penetranten und vielen Fliegen genervt. Diese Biester sind in manchen Teilen hier wirklich eine Plage. Die Menschen laufen hier stellenweise komplett vermummt rum damit die Fliegen im Gesicht nicht so sehr Nerven.
Wir fahren noch weitere 250K über die „Dirt Road“, die unbefestigte Straße bis nach Norseman, dem „Tor zu Nullarbor“. In Norseman wird Wasser und Benzin getankt und dann geht es ab auf den „Eyre Highway“. Dieser Highway ist die einzige Möglichkeit von Westaustralien nach Südaustralien zu kommen. Das Navi sagt:“ In 1200Km links abbiegen“. Auf der 1200Km langen Strecke gibt es alle 200Km eine Tankstelle und sonst Nichts. Nichts, Nichts und noch mal NICHTS. Kaum Kurven, alle 30 Minuten kommt uns mal ein Truck entgegen und sonst nur eine paar Kängurus, tot und lebendig. Die toten Kängurus sind von Aasgeiern und anderen großen und schrägen Vögeln umzingelt. Wir schauen während der Fahrt fast eine ganze Staffel „Two and a Half Man“ auf dem Laptop und machen während der Fahrt einen Fahrerwechsel. Soviel Nichts auf einmal ist echt zu viel Nichts für uns. Hier grüßt man sogar noch auf der Straße. Da es schon gegen sieben Uhr dunkel wird beenden wir auch dann unsere Reise. Hier hüpfen ständig Kängurus rum und offenbar springen die gerne vor Autos, ständig liegen die hier tot auf der Straße rum und wir wollen ja echt keinen Streit anfangen.

19.11.2012

Gestern sind wir einen weiteren Tag im Nichts rumgefahren, sehr spannend. Man muss sich einfach mal vor Augen halten, dass wir gerade mehr oder weniger aus Perth kommen und die nächste Großstadt von Perth ist 2700Km entfernt. Australien hat ungefähr 22,4 Millionen Einwohner, zum Vergleich: Deutschland hat ca. 85 Millionen Einwohner.
Zuerst fahren wir nach Streaky Bay, ein kleines Küstendorf, gehen schwimmen und anschließend fahren wir weiter bis ins 400Km entfernte Whyalla. Hier finden wir einen schönen Campingplatz und beschließen etwas zu bleiben.

21.11.2012

Whyalla ist gar nicht mal so schön, eher ziemlich langweilig. Gestern war es unglaublich heiß, ca. 35°C, wir haben den halben Tag kalt geduscht und uns anschließend in die Bücherei gesetzt um Gratis W-Lan abzustauben. Heute reisen wir weiter in Richtung Adelaide.


Samstag, 3. November 2012

Michael, John und ein komischer Gartenladen

19.10.2012

Endlich ist ein Wochenende in Sicht, was heute wieder mal auf der Arbeit abging ist schon wieder viel zu verrückt für uns. Marius arbeitet seit Mittwoch bei Michael im Garten und sucht irgendwelche Blätter zusammen und ich bin noch in der Gärtnerei. Michael hat heute noch mal bestätigt, dass er seine Kollegin echt nicht besonders leiden kann. Ähnliche Situation wie letztes Mal, letzte Woche kam sie ja an und hat ihn etwas gefragt und er hat einfach sein Flowermopped angeschmissen und sie total hart ignoriert. Heute hat sie ihn aus der Ferne gerufen, Michael antwortet, schmeißt sein Quadt an und ist mehr oder weniger über alle Berge. Seine Kollegin hat offenbar echt Schwierigkeiten solche Sachen zu verstehen, während sie letzte Woche einfach munter weitergeplappert hat während Michael am rumsägen ist marschiert sie heute in eine völlig andere Richtung weiter und ruft ihm irgendwas zu. Und ich steh mittendrin und versteh mal wieder nur Flowerpott.
Desweiteren hat sich heute herausgestellt, dass der gute, alte John offenbar mehr alt als gut ist. So gut ist er nämlich gar nicht: Er hat eine riesige Bestellung Flowerpötte aus dem Vietnam bestellt und sich hierbei um 50.000$ verkalkuliert. 1.), wie viele Flowerpötte muss man im Vietnam bestellen um überhaupt auf 50.000$ zu kommen und 2.) wie kann an sich um 50.000$ verkalkulieren? Das ganze hat mir Michael erzählt, er hat’s am Telefon mitgehört.
Johns Reaktionen darauf sind aber noch viel amüsanter: Kürzen der Löhne von Michael und Darren, evtl. das Feuern sämtlicher Backpacker und ‚ne Schnute wie drei Wochen Haferbrei. Michael erklärt, dass John das schon zwei Mal passiert sei und dass es gut sein könnte, dass wir am Montag gefeuert würden. John möchte Einsparungen machen. Wenn ich Marius und meinen Lohn in Relation zu Johns Verrechungen sehe, frage ich mich echt, ob John am richtigen Ende spart. Das ist in ungefähr so, wie wenn man auf ‚nem sinkenden Schiff sitzt und anfängt Luftballons in den Keller zu räumen. Dass er die Löhne von seinen zwei eigenen Söhnen kürzt ist sowieso der Oberhammer. Michael meint allerdings, das sei normal. Ich frage mich auch, warum Michael sich keinen anderen Job sucht.
Den Feierabend begießen wir mit ein paar Bierchen und wie gehen Pizza essen. Ein mal und nie wieder. Uns wurde schon gesagt, dass die Australier recht talentfrei im Pizzabacken seien, aber dass sie sooo talentfrei sind, hätte ja keiner Ahnen können. Wie bestellen aus reiner Vorsicht aus der Rubrik „Traditionelle Italia“ eine sogenannte „Meatloverpizza“. Diese besteht aus einem total wabbeligen Volkornteig, Tomatensauce, Käse und gefühlte 32 verschiedene Arten von Wurst. Auf dieser Pizza ist echt alles drauf, alte Wurst, neue Wurst, Schinken, Schwein, Huhn, Hamster, Hering.. Komische Tradition. Da hat unser Hefesteinbrot um Welten besser geschmeckt. Was soll daran „Traditionelle Italia“ sein? Die Rubrik sollte eher „Wir üben noch“ heißen. Und das ganze für 14$ pro Pizza.

20.10.2012

Samstag! Ausschlafen, ‚ne ruhige Kugel schieben und noch mal Ausschlafen. Gegen 13h brechen wir auf in Richtung Perth. Die Sonne lacht, wie tun’s auch, alles ist perfekt. Heute darf ich mir endlich eine Gitarre kaufen. Um unserer Reise einen gewissen ironischen Unterton zu verleihen, nehmen wir unsere Gasflaschen mit, die noch ausgecheckt werden müssen. In Kalgoorlie hat man uns immer erzählt, dass man die Gasflaschen nur in Perth auschecken lassen kann. Da haben wir denen natürlich immer ‚n Vogel gezeigt, wer fährt schon 600Km in die nächste Stadt um Gasflaschen auschecken zu lassen?

Marius und Steffen.

Perth ist echt eine riesige Stadt, riesige Gebäude mit Werbung in moderner Bauart und 1000 Leute die hektisch einem Ziel nacheifern. Und 50 Km weiter steht man mitten in der Wüste, echt komisch.
Nach längeren Suchen finden wir zwei Musikgeschäfte, deren Inhalte nahezu identisch sind. Diese beiden Musikgeschäfte sind direkt nebeneinander gelegen und die beiden einzigen in komplett Perth. Total komisch geregelt. Geschäft A macht allerdings einen besseren Eindruck und ist außerdem acht Meter weniger von Auto entfernt, damit hat es gewonnen. Und ich hab endlich eine Gitarre, na endlich!!! Wurde auch mal Zeit!
Danach gehen wir Schwimmen bzw. gehen ins Schwimmbad und legen uns eigentlich einfach nur ins Wasser. Sehr entspannend!
Auf dem nach Hause Weg halten wir noch ein einer Tankstelle und stellen fest, dass die hier Gasflaschen austauschen. Da das mit dem Auschecken aufgrund unserer Verplantheit irgendwie ins Wasser gefallen ist, beschließen wir es einfach mal zu versuchen. Marius schnappt sich beide Gasflaschen und stellt sich auf total doof.
Sätze wie: „I, Gasbottle, change, change, change!!“ und „Make the boom in the tzzzt“ sorgen dafür, dass wir zwei strahlend neue Gasflaschen bekommen! Ha! Wusst’ ich’s doch! Irgengwem drehen wir unsere uralt Gasflaschen schon an.
Den Abend lang wird viel Gitarre gespielt und über die besten Lieder von Bap gestritten. Außerdem telefonieren wir noch mit ein paar Leuten aus der Heimat und müssen feststellen, dass Zuhause echt nicht viel passiert ist.

Eh, Jungs, sacht ma, macht ihr’n Winterschlaf oder seid ihr in Pension gegangen? Wir hören ja gar nichts Neues mehr aus Deutschland. Kann nicht mal irgendwer falsch Parken oder mit ‚nem Skateboard auf die Nase fallen?

21.10.2012

Sonntag, Waschtag! Der Engländer hat uns zwar erklärt wir man sparsam wäscht, aber irgendwie haben wir das nicht so richtig hinbekommen. Man nimmt einen Eimer, tut seine Wäsche darein, Wasser, Waschpulver und dann lässt man die Kiste einfach 12 Stunden stehen. Aber irgendwie klappt das nicht so richtig. Die Box riecht ungefähr so, wie wir uns Rohypnol vorstellen. Wirkung ist ähnlich. Also ab in die Waschküche!
Abends bekommen wir einen Anruf von Michael, wir sind beide gefeuert. Wir können aber beide beim Michael anfangen im Garten irgendwelche Blätter zusammen zu suchen. Irgendwie ist uns das total egal. Das Wetter ist gut, wir haben kaltes Bier, von so was lassen wir uns nicht die Laune verderben.

22.10.2012

Es ist 6:30h und es hat die ganze Nacht geregnet. Es regnet immer noch. Alles ist nass. Wir haben unsere Arbeitsklamotten über Nacht draußen gelassen, da sie am Vortag noch nicht trocken waren. Die Sonne geht hier schon gegen 5h auf und wir haben gehofft, dass diese unsere Sachen in der Früh schön trocknet. Wir wurden gefeuert und dürfen jetzt draußen den ganzen Tag lang Blätter zusammen suchen. Es ist kalt. Nass. Echt ätzend. Wir trinken ein Bier und fahren zur Arbeit. Was sollen wir schon tun? Sonnentanz?
Michael findet, dass es zu nass zum Arbeiten ist und schickt uns nach Hause, wunderbar, wir fahren ins Schwimmbad und setzen uns für den Rest des Tages in der Whirlpool. Gegen Nachmittag wird das Wetter wieder besser und unsere Laune dito.
John hat sich seinen Garten offenbar noch mal aus der Nähe angeschaut, ich bekomme jedenfalls einen Anruf von Michael, dass ich wieder eingestellt bin. Marius arbeitet weiterhin bei Michael im Busch.


23.10.2012

Juhu, ich darf wieder beim John Blumen zusammen schrauben, während Marius sich in Michaels Garten amüsiert. Marius erzählt mir stets, dass er zwar auch viel arbeite, aber die Pausenzeiten seien Michael mehr oder weniger völlig Schnuppe und der elf Uhr Kaffee mit Michaels Frau schmecke auch sehr gut. Wunderbar, die Gespräche mit Wi-Peng-Wuff oder wie die andere Mitarbeiterin hieß, sind auch sehr reizend. Wir unterhalten uns über Blumen, Kekse und Coladosen. Schade ist nur, dass sie keinen Ton Englisch spricht. Aber die schafft es mir zu verstehen zu geben, dass sie schon nicht gerne mag. Sie arbeite nur dort, weil sie kein Auto habe und nicht wüsste, wo sie sonst arbeiten sollte.

26.10.2012

Freitag, das Wochenende kann beginnen! Was ich recht entspannend finde ist, dass ich in letzter Zeit sehr viel alleine Arbeite und so auch Musik hören darf. Ist nur nicht immer so Vorteilhaft: Kein Mensch weiß wer die Bewässerungsanlage programmiert hat und deswegen weiß auch keiner, wann welcher Bereich bewässert wird. Kurz bevor das Bewässern losgeht fangen die Sprinkler an komische Geräusche zu machen und dann rennt man halt. Wenn man jedoch Musik hört und fröhlich gesinnt ein Lied vor sich hinpfeift, wird man halt schon mal nass.
Seit heute ist John für mich komplett am Leben vorbei. Alle erzählen mit ständig, dass John sich nur beschweren könne und ich solle mich in Acht nehmen und hassenichgesehn. Er feuert ständig irgendwelche Angestellten weil sie ihm zu langsam sind.
Ich musste heute 100 Säcke Blumenerde abfüllen, recht entspannender Job. Ich arbeite im ganz normalen Tempo, pack ein bisschen Erde in die Säcke, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Ganz normales Tempo halt. John steht längere Zeit hinter mir und beobachtet mich. Plötzlich steht er neben mir und sagt, dass ich nicht so schnell arbeiten solle. Es wäre schließlich Freitag und bald sei Wochenende.

???“haaahbissseeebeeescheeeuuuaaat???“

27.10.2012

Samstag, 34°C, gute Laune! Wir telefonieren mit der Heimat und die Heimat faselt irgendwas von Frosteinbrüchen und Wirbelstürmen in den USA. Das ist uns ein fettes „High 5!“ wert und wir fahren nach Perth. Wir wollen nämlich zum Friseur bzw. es ist sehr dringend. Marius beschwert sich schon über Sichtprobleme und ich kann meine Matte auch kaum mehr bändigen.
Perth ist echt ein teures Pflaster, aber dass es sooo teuer ist, konnte keiner Ahnen. Wir finden echt keinen Friseur unter 35$ pro Kopf. Die meisten Friseure begrüßen ihre Kunden fröhlich mit Champagner, wir wollten aber doch nur einen Haarschnitt!!!
Kann es nicht irgendwo in Perth einen zittrigen Friseur geben?
Gibt es. Marius und ich haben es tatsächlich geschafft, den zittrigsten Tattergreis in Perth ausfindig zu machen, und dieser hat sogar einen eigenen Friseursaloon. Für schlappe 18$ sind wir dabei. Im Laden läuft türkische Volksmusik und die beiden gut gelaunten Friseure, der eine ca. 50, der andere ca. 100, der eine kurz, der andere lang, sind bester Dinge und verstehen kaum Englisch. Marius lässt sich den Schädel kahl schneiden und ich versuche meinem Friseur den Unterschied zwischen „drei Cm abschneiden“ und „drei Cm dran lassen“ zu erklären. Versteht er nicht. Na ja, ist ja eh bald Helloween.
Ihr kennt doch sicher den Moment beim Friseur, wo man eigentlich schon fertig ist, der Friseur dann einmal mit einem kleinen, runden Spiegel um einen herumläuft um die Nackenpartie zu zeigen, man einfach schnell abnickt, bezahlt und verschwindet? In diesem Moment bin ich fast vom Stuhl gefallen: Der komische Tattergreis hat mir ein Dreieck in den Nacken geschnitten! Ein schönes, windschiefes Dreieck! Marius fällt im Hintergrund vor Lachen vom Stuhl und ich schwöre mir, nie wieder einen Tattergreis als Friseur zu nehmen. Ich frage ihn, ob er vielleicht ein bisschen weniger Dreiecke und ein bisschen mehr Frisur schnitzen kann? Er kramt einen Rasierer aus seinem Nähkästchen und fängt ganz ungeniert an mir den Nacken zu schälen. Ich frage mich echt, ob dieser Kerl schon immer den Wunsch hatte Friseur zu werden oder ob er einfach eine Schere gefunden hat und sich gedacht hat: “Ok, Friseur.“

28.10.2012

Es ist mal wieder Sonntag und irgendwie sind wir beide antriebslos wie eine alte Lokomotive. Eine sehr, sehr alte Lokomotive.
Es soll hier in der Gegend die wunderschönen Wasserfälle geben. Diese „Serpentine Falls“ sind nur 15Km entfernt und wir beschließen diesen Pflichtbesuch auf heute zu verschieben. Diese Wasserfälle sind… ein Witz. Wasser läuft von einem ca. zehn Meter hohen Stein hinunter und endet in einem Sammelbecken in dem man schwimmen kann. Eigentlich kostet hier der Eintritt elf Dollar, aber wir haben es irgendwie wieder geschafft da umsonst rein zu kommen, hätten wir auch sonst bereut.

29.10.2012

Happy Birthday Papa!

Montag! Auf zu John, Unkraut ernten und Blumen schrauben. Johns Lieferung ist eingetroffen und ein unerwartet großer Container mit Flowerpötten aus dem Vietnam steht vor der Tür.
Ich fahre mit einer Ladung Bäumen und anderen Flowerpötten mit Michael nach Perth in eine Millionärssiedlung und liefere Pflanzen aus. Marius hat heute frei bekommen. Johns Vater, also Michaels Opa, liegt im Sterben und die unglaublich große Lieferung Flowerpötte muss ausgepackt werden, deswegen hat Michael keine Zeit Marius bei sich Zuhause einzuweisen. Marius kümmert sich derweil Zuhause um alles wie sauber machen, Kochen, Einkaufen und Sonstiges.

30.10.2012

Den ganzen Tag lang darf ich Flowerpötte ausräumen und durch die Gegend tragen. John ist sehr ruhig und Michael erklärt, dass der Arzt Johns Vater noch zwei Tage gegeben hat.

????

Was macht die ganze Familie bitte bei der Arbeit? Wieso ist nicht wenigstens einer beim Opi am Sterbebett?? Der Opa liegt schließlich nur ein Haus weiter. Ich mache heute 30 Minuten länger und die komplette Familie ist noch am Arbeiten.
John hat heute festegestellt, dass in dem Container offenbar noch viel mehr Flowerpötte sind als erwartet und er weiß offenbar auch nicht, wie sein Ordnungssystem mit den Pötten aussehen soll bzw. wie er die ganze Arbeit bewältigen will. Er fragt ob Marius morgen wieder anfangen wolle.

31.10.2012

Marius und ich arbeiten wieder zusammen! Auch cool!

Wir haben heute auch gerade Mal einen Flowerpott runtergewofen, Michael hat einen Aztekenkopf und ebenfalls einen Flowerpott zerstört. Im Team sind wir ungschlagbar. Michael ist echt gut drauf:

Marius:“ he, Steffen, meinste brauchen wir für den Pott da ‚nen Trolley?“

Michael: „hmm, i don’t know..“

Marius und Steffen: „???“

Michael: „R u weak? F*#k that Trolley! Use your arms!”

2.11.2012

Freitag, na endlich. Wir haben den Rest der Woche Flowerpötte gestapelt und umgestellt. Michael sagt, dass wir uns selbst überlegen sollen, welchen Flowerpott wir wohin stellen. Generell ist Michael heute total verwirrt. Er vergibt manche Aufgaben doppelt und läuft irgendwie heute völlig verplant in der Gegend rum. Auch John scheint betrunken zu sein: Er kommt zu uns und sagt, wir hätten echt gute Arbeit geleistet. Er wolle uns nach der Arbeit auf ein Bier einladen.
Ey wat is’ den jetz’ kaputt? Hat der zu lang in der Sonne gelegen oder konnte er seinen Vater einfach nicht leiden??? Das Feierabendbier kommt zwar etwas zu spät schmeckt aber sehr gut, ich frage mich nur warum die heute so verwirrt sind? John meint, ich sehe aus wie dieser Edward Beißmichnich aus diesem Vampirfilm und Michael ist, wie gesagt, verwirrt für drei.

Nach der Arbeit kaufen wir uns ein bisschen Bier und legen uns wieder in den Whirlpool im Schwimmbad. Total entspannend.

3.11.2012

Nachdem wir ausführlich ausgeschlafen haben beschließen wir, in die Stadt zu fahren um ein paar Einkäufe zu erledigen. Generell ist und schon aufgefallen, dass die Supermarkteinrichter irgendwie total verplant gewesen sein müssen. Die Süßigkeiten stehen beim Werkzeug und das Werkzeug beim Hundefutter. Oder auch echt cool war das Energiedrink Angebot: ein Viererpack für acht Dollar, zwei Viererpakete für sechs Dollar. Oder auch echt schön: eine einzelne Dose kostet einen Dollar, ein Sechserpaket davon kostet acht Dollar. Echt verwirrt irgendwie.