Donnerstag, 13. Dezember 2012

Ein winkendes Renterteam, Janne und jemand der gern Cola trinkt

22.11.2012

Wir haben ca. 50Km außerhalb von Adelaide einen schönen Campingplatz mit Einfahrt zum Strand entdeckt. Die Einfahrt ist wieder für Autos zugänglich, darauf fallen wir aber nicht noch mal rein. Der Strand wird ausschließlich zu Fuß betreten.
Die anderen Backpacker, die wir in Perth auf dem Campingplatz kennen gelernt haben sind von Perth aus nach Darwin gefahren, dann über Alice Springs nach Adelaide. Wir treffen uns mit ihnen und verbringen einen Tag am Strand. Wir beschließen zusammen morgen weiterzureisen und zwar nach Mannum, ein kleines Dorf 100Km nord-östlich von Adelaide. Die beiden kennen in dem Dorf einen schönen Campingplatz.

23.11.2012

Der Platz ist nur mit einer Fähre zu erreichen und wirklich sehr schön. Die Überfahrt ist kostenfrei und der bärtige Fährmann könnte Werbung für Fishermans Friend machen. Wir Campen direkt am „Murray River“ und theoretisch könnte man vom Zelt aus direkt ins Wasser springen, bzw. jemand der besser springen kann als wir beide könnte das. Wir schauen Abends zusammen ein paar Filme und trinken ein paar Bierchen.

24.11.2012

Heute war echt schon wieder ein witziger Tag. Um den heutigen Tag gut beschreiben zu können, müsst ihr zuerst unsere Nachbarn kennenlernen:

-Hansi der Hundeflüsterer lebt mit vier Hunden zusammen in seinem Auto, teilt Frühstück, Matraze und höchstwahrscheinlich sogar Kleidung mit seinen Hunden. Heute morgen ist er zuerst mit seinen Lieblingen baden gegangen und hat anschließend ein gemeinsames Frühstück zu Fünft organisiert. Er lebt in seinem Auto und schläft doch tatsächlich mit seinen vier Freunden auf einer Doppelmatraze.

-Ein sehr freundlich wirkendes und ständig winkendes Rentnerteam.

Und natürlich Mattes und Franzi, die beiden Backpacker aus Perth, die ihr Zelt direkt neben unseren aufgeschlagen haben.

Die Geschichte beginnt damit, dass Marius und ich auf die Idee gekommen sind, schwimmen zu gehen. Am Ufer des Flusses steht ein Baum, an dem ein sehr elastisches Seil befestigt ist. Wer seinen Einstieg ins kalte Nass also etwas beschleunigen möchte, kann sich wie Tarzan bzw. in unserem Fall wie ein nasser Sack an das Seil hängen und wie Tarzan an der Liane oder, wieder auf uns bezogen, wie ein nasser Sack an einem Seil ins Wasser schwingen. Da das Seil nahezu Gummiartig ist, dauert es nur Sekunden, bis einer von uns beiden das Seil loslässt, es sich wie ein Gummi zusammen zieht und sich einmal in ca. acht Meter Höhe um den Baum wickelt. Das Seil ist jedoch lang genug um dran zu kommen. Wir versuchen es genau so wieder runter zu bekommen, wie es da hoch gekommen ist: lang ziehen und flitschen lassen. Fehlanzeige, ein Versuch später hat sich das Seil drei mal in acht Meter Höhe im Gestrüpp verheddert und ist nicht Mals mal mit einer Leiter zu erreichen. Marius beschließt kurzerhand das Seil einfach mit einem Ball frei zu werfen, wie man sich jedoch denken kann, hängt der Ball ebenfalls zwei Würfe später beim Seil.
Wir zwei nasse Säcke beschließen, uns zuerst um den Ball zu kümmern und anschließend das Seil wieder in den Originalzustand zurück zu bringen. Wir nehmen also ein paar Steine und versuchen den Ball zu treffen, das sieht unser winkender Nachbar, kommt vorbei und wirft auch ein paar Steine. Wir bleiben erfolglos.
Der andere Nachbar, der Hundefreund hat die Situation offenbar auch beobachtet, bindet ein Seil an eine Harke und erklärt mir, ich solle doch einfach die Harke an das andere Seil werfen und so das Seil einfach runterziehen. Marius überlegt sich währenddessen, dass wenn das Seil schon nicht zu uns kommt, muss er halt zum Seil klettern. Der winkende Rentner kramt eine wahrscheinlich unbenutzte Kletterausrüstung aus seinem Wohnwagen und überreicht sie Marius. Der kann damit allerdings herzlich wenig anfangen und hängt sie einfach an den Baum. Ich riskiere derweil Kopf und Knie und werfe mit des Nachbars fragwürdiger Harkenkonstruktion gen Seil. Mattes hat die ganze Situation schmunzelnd beobachtet und macht angesichts der kläglichen Kletterversuche von Marius schon mal ausfindig, ob es weit zum nächsten Krankenhaus ist. Marius vergleicht daraufhin den Preis von dem Ball mit dem von seinem Leben und der Höhe des Baumes und beschließt seine Mission abzubrechen.
Der winkende Nachbar und der Hundefreund verlassen das Feld und Franzi und Mattes kommen dazu. Franzi sichert sich vorerst mit einem Stuhl und einem kalten Getränk einen Logenplatz und Mattes hat die schlaue Idee das Seil mit Hilfe einer Angel wieder runterzubekommen. Die Angel ist echt super, die Angelleine jedoch nicht. So kommt es, dass nach kurzer Zeit drei Angelgewichte und zwölf Meter Seil bei dem Ball und der Liane hängen. Der Hundemann und der winkende Rentner setzen sich ebenfalls mit einem kühlen Bier in Sichtweite und haben Spaß beim Beobachten.
Mittlerweile sind weitere Nachbarn angereist, ein klapperdünner Rentner mit Fischerhut reißt mit seiner Familie an und schaut sich unsere Unternehmung aus der Ferne an. Da unsere Angerschnur kläglich versagt hat, werfen wir mittlerweile mit Zeltschnüren nach dem blöden Seil. Der Fischerhut kommt vorbei und rät uns, doch einfach eine Angelschnur zu werfen, ich zeige ihm den kläglichen Rest der von Unserer übrig ist und will mich wieder unserer Mission zuwenden. Der Fischerhut erklärt mir jedoch, er sei Haiangler und habe dementsprechend extra starke und tolle Angelschnüre. Zehn Minuten später sitzt er mit Stühlen und seiner Vierköpfigen Familie ebenfalls ums Geschehen herum und genießt ein kühles Blondes.
Dass wir offenbar von dem halben Campingplatz beobachtet werden ist nur das Eine, als dann allerdings eine siebenköpfige Familie von schwarzen Schwänen aus dem Wasser angepaddelt kam und sich das Geschehen von den letzten freien Plätzen angeschaut hat…

..Das kann mal wieder nur Marius und mir passieren.
Aus dem Versuch schwimmen zu gehen ist mittlerweile eine mehr als zweistündige Mission geworden an der mehr als zehn Leute beteiligt sind.

Schlussendlich schaffen wir es mit der Angel von dem Fischerhut das blöde Seil wieder in den Originalzustand zurück zu bringen.

Immerhin kann man uns nicht vorwerfen, dass wir heute nur rum gesessen haben.

25.11.2012

Es ist Sonntag und wie bis jetzt immer in South Australia, super Wetter. Wir gehen tagsüber mehrmals Schwimmen und kaufen noch etwas für Morgen ein, da Marius da ja Geburtstag hat. Abends machen wir ein kleines Feuer und schauen zusammen einen Film. Um exakt zwölf Uhr stoßen Marius und ich mit einem Bier an, er hat ja schließlich Geburtstag. Marius freut sich über keine Geschenke und Luftkekse. Ich mein, was soll ich ihm schon groß schenken? Wir haben eine gemeinsame Kasse und dementsprechend würde er seine eigenen Geschenke selbst finanzieren.

26.11.2012

Marius hat Geburtstag. Tolle Party. Die siebenköpfige Schwanenfamilie kommt vorbei und gackert ein bisschen, wir frühstücken ausgiebig und schauen ein paar Filme. Das Wetter verschlechtert sich gegen Nachmittag und deswegen schauen wir noch ein paar Filme. Marius beschwert sich über die nicht vorhandene Geburtstagsstimmung und ich mich über viereckige Augen.
Was ist denn das auch für ein Geburtstag? Letztes Jahr standen wir in der Bar und haben den Jung’ hochleben lassen und dieses Jahr freut er sich, dass seine Eltern anrufen. Letztes Jahr war es ca. 5°C, dieses Jahr 26°C. Generell ist es im November in Deutschland total kalt, die letzten Tage war es hier stellenweise über 30°C. Kein Wunder, dass Marius kein Geburtstagsfeeling hat.

28.11.2012

Ich wache auf und stelle fest, dass es irgendwie total warm ist. Laut Wetterbericht ist es heute 42°C warm und gefühlte 49°C. Echt verwirrend. Wir wussten zwar, dass die Jahreszeiten in Australien vertauscht sind, allerdings ist uns das bis jetzt noch nie so richtig aufgefallen, da es recht viel geregnet hat und Regen passt in Deutschland ja zu jeder Jahreszeit. Heute ist es 42°C warm und der Kalender behauptet strikt es sei bald Dezember.
Wir bleiben den ganzen Tag mehr oder weniger in Zelt- und Wassernähe und gehen regelmäßig schwimmen. In der Nacht „kühlt“ es sich auf 32°C ab, wir sitzen um 23:00 Uhr immer noch in Badeshorts am Wasser und trinken ein kühles Bier.

29.11.2012

Das Wetter ist ähnlich wie gestern, allerdings merkt man, dass es bald gewittern wird. Wir machen alle unsere Zelte hochseetauglich und warten gespannt auf das Unwetter. Dieses „Unwetter“ ist eigentlich gar kein Unwetter sondern wahrscheinlich eher die Apokalypse, alle zwei Sekunden blitzt es und der Platzregen ist unglaublich. In diesen Momenten bin ich jedes Mal glücklich, dass das Auto zur Zeit mein Schlafplatz ist, Marius beschwert nämlich über einen ansehnlichen Flusslauf in seinem Zelt. Er lenkt jedoch ein, dass das Plätschern einen beruhigenden Einfluss auf seinen Schlaf habe, finde ich super.

30.11.2012

Wir beschließen das Feld zu räumen, Mannum ist zwar schön, es gibt aber sicherlich noch andere schöne Flecken in Australien. Heute schaffen es wir bis nach Victoria, dem kleinen Staat in dem Melbourne liegt.

1.12.2012

Außerdem liegt in Victoria noch die Great Ocean Road. Die Great Ocean Road beginnt in Warnambool und endet in Torquay und ist für die Australier eine Art „Mythos und Legende“. Sie sehen bis heute in der Panoramastraße einen legendären Sieg über die Natur, so heißt es zumindest in der Broschüre. Die Straße wurde 1919 zur Arbeitsbeschaffung gebaut und zur Besiedlung der Gebiete, die bis dato nur mit dem Schiff zu erreichen waren. Wie der Name schon sagt, führt die Straße recht viel am Meer entlang und garantiert so für tolle Aussicht. Um diese tolle Aussicht auch wahrnehmen zu können, warten wir auf besseres Wetter und siedeln uns für drei Tage in der Nähe von dem kleinen Dorf Cobden an.

2.12.2012

In Cobden ist mal wieder eine ganze Schar von Hunden begraben. Und offenbar auch jede Menge Menschen, hier ist echt nicht der Bär los. Und wo wir gerade schon mal bei den Tiermetaphern sind: im Dorfeigenen Alkoholladen kann man eine Katze im Sack kaufen. Jede Menge unbekannte Goonsorten zu stark reduzierten Preisen und Kaugummis die keiner mag für nur einen Dollar. Wir langen kräftig zu, bereuen wir auch.
Gegen Abend kochen wir zusammen mit Mattes und Franzi. Marius und meine Geschmacksnerven scheinen echt Mausetod zu sein, wir würzen die Soße, Franzi probiert und springt daraufhin hektisch im Sechseck und trinkt einen Liter Wasser auf Ex. Mattes behauptet jedoch, Franzi sei einfach nur überempfindlich und so können Marius und ich nach einem Film beruhigt schlafen gehen.

Um den ersten Advent anständig zu würdigen haben wir übrigens eine Herdplatte von unserem Herd angezündet, uns gleichmäßig um den Herd verteilt und in weißer Hoffnung „Let it Snow“ gesungen.

4.12.2012

Das Wetter ist nach wie vor noch nicht so gut, morgen soll es ja besser werden, deswegen bleiben wir heute noch hier. Wir fahren in die nächste Stadt, Camperdown. In diesem Dorf ist nicht der Hund begraben, hier ist schon eher was los. Wir gehen in die Bücherei und nutzen das kostenlose W-lan. Gegen Abend kochen wir wieder zusammen.

5.12.2012

Auf geht es Richtung Great Ocean Road. Unser Trailer hat von dem Sturm in der vorherigen Nacht leider einen Schaden genommen, er ist an einer Seite gerissen. Wir beschließen es selbst zu nähen.

Was brauchen wir?

So’n silbernen Pin und so ‚ne Schnur. Ein Glück bin ich Waldorfschüler und weiß was zu tun ist (Danke Frau Schäfer). Ab zum nächsten Nähladen, Pin und Faden in die Täsch und go. Die Frau aus dem Nähgeschäft freut sich zwar über unseren Elan, beteuert jedoch, dass es nicht gerade einfach ist, einen Campingtrailer zusammen zu nähen. Man brauche da schon Ahnung von, sie empfiehlt einen Schneider aus Camperdown, der das wohl für kleines Geld nähe.
Der Schneider aus Camperdown erklärt uns, er müsse zuerst den kompletten Trailer auseinander bauen um den nähen zu können, er schätzt den Schaden dementsprechend auf 200$. Das ist uns beiden natürlich zu viel, wir haben ja schließlich schon den Pin und die Schnur gekauft. Wir hoffen, dass es in den nächsten Tagen nicht so viel regnet und brechen auf in Richtung Great Ocean Road.
Die Great Ocean Road ist wirklich wunderschön, alle fünf Kilometer ca. kann man anhalten um Naturwunder zu bestaunen. Wir schaffen ca. die Hälfte von der Strecke und übernachten auf einem Campingplatz irgendwo im Nichts.

6.12.2012

Nikolausi!

Ich hab gestern Abend extra meine Schuhe vor die Autotür gestellt, das Einzige was ich darin jedoch heute morgen gefunden hab ist ein altes paar Socken vom Vortag. Toller Nikolaus. Wir fahren weiter und bestaunen Wasserfälle und andere tolle Naturwunder, gegen Abend enden wir auf einem Campingplatz ziemlich hoch auf einem Berg. Am Ende des Platzes steht ein Schild:“ 4wd Only“.
4wd bedeutet, dass alle Räder sich in die gleiche Richtung drehen. Oder auch: Allrad. Da unser Auto mit dieser bewunderswerten Technik ausgestattet ist, springen wir rein ins Auto und ab geht es den Berg hoch. Wir fahren ca. 15Kilometer über die Ruckelpiste, bis wir am wahrscheinlich höchsten Punkt angekommen sind. Es macht echt unglaublich viel Spaß mit so einem Fahrzeug durch die Wildnis zu fahren. Unser Auto ist zwar offenbar kein großer Sandfan, die Ruckelpiste meistert er jedoch meisterhaft.

7.12.2012

Unsere heutige Mission lautet bis nach Melbourne vor zu dringen und Janne vom Flughafen abzuholen. Janne haben wir in der Nähe von Perth auf dem Campingplatz angeholt, er hat danach in Thailand Urlaub gemacht und wir holen ihn jetzt vom Flughafen ab.
Ab Melbourne gibt es Aldi. A-L-D-I! Mehr Heimatsgefühle auf einen Schwung wären wahrscheinlich schädlich: Rivera Cola zum halben Preis, Maginon Elektrogeräte unschlagbar günstig und eine original getreue Aldioptik sorgen für einen enthusiastischen Einkauf. Voll bepackt mit Lebensmitteln und Krempel den wir nie wieder brauchen geht es ab zum Flughafen, Janne abholen. Dieser weiß leider nicht genau, wo er gerade steht, außerdem macht uns unser Navi, das sich offenbar genau so schlecht in Melbourne auskennt wie wir beide, zu schaffen.
Welcher Terminal? Domestic? Kam er nicht aus Darwin? Terminal B wie.. business? Nee! Wo ? Terminal C wie Cello sieht sehr verlassen aus. Schlussendlich finden wir ihn durch Zufall an Terminal A. A wie abholen halt.

8.12.2012

Wir fahren auf einen Campingplatz in der Nähe von Ballarat. Wir haben beschlossen, Weihnachten uns Silvester zu fünft in Melbourne zu feiern, laut den befragten Australiern soll es da am schönsten sein. Von Melbourne haben wir bis jetzt nicht so viel gesehen, wir sind nur ein mal mit dem Auto durchgefahren und das war dank Trailer sehr anstrengend.

10.12.2012

Mattes und Franzi beschließen weiter zu fahren, sie sagen, sie hätten einen anderen Campingplatz ausfindig gemacht, der bessere Bewertungen habe. Marius, Janne und ich beschließen jedoch vorerst noch etwas zu bleiben, da uns der Platz sehr gut gefällt. Die Landschaft hier ist wirklich unglaublich schön, man kann sehr cool spazieren gehen und dank der unglaublich steilen Berge sogar klettern. In einem nahe gelegenen Fluss kann man Schwimmen, solange man auf eiskaltes Wasser steht und man hat generell seine Ruhe. Wir beschließen uns um einen Job zu kümmern.

12.12.2012

Sämtliche Farmen in der Umgebung haben keine Arbeit mehr bis Neujahr, der Harvestguide erklärt ebenfalls recht pessimistisch, dass es vor Weihnachten wohl eher keine Jobs mehr gebe. In Ballarat kann man sich noch als Leiharbeiter für Mienenarbeit bewerben, davon haben wir jedoch seit Kalgoorlie die Schnauze voll.
Ein Farmer erklärt uns, wir sollten ein Dorf weiter fahren und da nach „Gordon“ fragen. Wir kommen in dem Dorf an und sehen zuerst die „Gordon Public Hall“. Das ging ja einfach, da müssen wir rein. Voller Hoffnung laufen wir ins Gebäude und treffen unerwartet auf ca. 50 Rentner beim Weihnachtsschmaus.
Das war wohl der falsche Gordon, wir hoffen, dass wir unentdeckt bleiben, eine Renterin winkt uns jedoch ran und fragt nach unserem Anliegen. Wär auch echt sehr merkwürdig, wenn wir drei Jungspunde zwischen all den Tattergreisen, Omis und begrabenen Hunden nicht entdeckt werden würden. Wir erklären ihr Wahrheitsgemäß, dass wir nach Arbeit suchen und sie erklärt daraufhin, dass wir in der Küche nachfragen sollten, da seien welche die uns weiterhelfen können. In der Küche erwarten uns, wie erwartet, noch mehr Omis beim Aufräumen. Ich erkläre unser Anliegen, sie fragt, ob wir schon gegessen hätten. Das Weihnachtsbuffet wäre etwas zu viel gewesen und wir sollten gefälligst helfen, damit es nicht in der Tonne lande. Zack, 1, 2, 3 hat sie drei Teller organisiert und eh wir uns versehen stehen wir am Buffet und bewundern die Auswahl und den guten Geschmack der Rentner. Oma Hilde sagt wir sollten gefälligst mehr grünen Salat essen, während Oma Trude uns eifrig Kartoffelsalat auflädt. So gut haben wir seit langen nicht gegessen, dabei wollten wir eigentlich einen Job. Ein etwas jüngeres Mädchen versucht uns in dem Minidorf weiterzuhelfen, wir bleiben jedoch erfolglos.
Ein weiteres Telefonat mit dem Harvestguide soll nun endlich erfolgreich sein! Wir haben einen Job auf einen Weinfarm, ca. 50Kilometer östlich von Melbourne. Ich rufe an, frage wann wir anfangen können, er sagt: um sieben.

Ähh..sieben..? Sieben..Uhr???

Wir sind in den letzten Tagen nicht vor elf Uhr aufgestanden und sieben erscheint uns ziemlich früh, wir beschließen direkt loszufahren.

13.12.2012

Gegen 5:30 klingelt bei uns beiden der Wecker und wir fragen diesen, ob es ein schlechter Scherz sei oder ob es wirklich schon so früh ist. Der Wecker scheint es jedoch ernst zu meinen, also ab ins Auto und los. Zum wach werden trinken wir eine Cola.
Heute arbeiten wir bei Brett, einem gut gelaunten Freund von unserem Chef. Brett hat eine große Farm und wir sollen ihm helfen, Heu aufzuladen. Er lädt uns zuerst auf ein Käffchen ein.
Nach ca. 30Minuten Arbeit ist Brett offenbar durstig und wirft eine Cola in die Runde. Wunderbar, so arbeit man doch gerne, nach langer Arbeit endlich mal was zu trinken. Weitere 20Minuten später zieht Brett wieder los um eine weitere Cola für uns zu holen. Wird auch mal Zeit, wir haben ja schließlich schon halb 9.
Pünktlich zur nächsten Cola kommt Tommy, ein weiterer 17 Jähriger und fleißiger Gehilfe. Tommy hat offenbar zuviel Energie, er turnt bald links, bald rechts um den Anhänger und macht den Großteil der Arbeit mehr oder weniger alleine. Um so besser für Uns.
Pünktlich zur nächsten Cola haben wir schon die fünfte Fuhre Heu in den Speicher gebracht, nach einer weiteren Fuhre ist alles Heu fertig gepackt. Er drückt uns einen sehr großzügigen Lohn in die Hand und gibt uns für den Rest des Tages frei.

SO ARBEITET MAN GERNE!



Dienstag, 20. November 2012

Ein verplanter John und irgendwie Nichts.

4.11.2012

Es ist Sonntag und den ganzen Tag am regnen. An solchen Tagen beschränkt sich die Gestaltung unseres Freizeitprogramms auf irgendwelche Drinnenaktivitäten. Der Trailer zählt nur bedingt zu „drinnen“, wir haben zwar ein Dach über dem Kopf, es ist aber nicht wasserdicht. Das Auto zählt schon eher zu drinnen, wobei sich die Drinnenaktivitäten hier wiederum auf’s Fahren beschränken. Echt ätzend, dieser Regen.
Wir machen einen spontanen Waschtag und gehen einkaufen. Noch ätzender als Schlafen ist bei diesem Regen Kochen. Da wir mit unseren Gasflaschen nicht im Zelt kochen wollen um uns nicht selbst zu vergasen, sind wir gezwungen, draußen zu kochen.

5.11.2012

Es regnet immer noch, aber wir sind ja jetzt wieder schön auf der Arbeit und dürfen unterm Vordach arbeiten.
Schön wär’s, Michael schickt uns raus in die Büsche um irgendwelche blöden Pflanzen aufzustellen, die das Wetter offenbar zum Umfallen fanden. Den Rest des Tages darf ich weiterhin Flowerpötte auspacken und möglichst gleichmäßig in der Gärtnerei verteilen.
Marius bekommt einen „Whipper Snipper“, ein Flowermopped der ganz besonderen Art. Allerdings wissen wir nicht mehr, wie man die Teile in deutsch nennt? Ihr kennt doch bestimmt die Teile, an dem vorne ein rotierender Kopf mit Plastikfaden ist? Damit darf er auf jeden Fall den ganzen Tag arbeiten. Währenddessen schaffe ich es fast, mir mit Hilfe großzügiger Verplantheit und einer Gartenschaufel eine ansehnliche Narbe zuzufügen. Ist aber noch mal gut gegangen. Ich wollte die Schaufel eigentlich nur mürrisch auf einen Erdhaufen werfen, der direkt vor mir war. Die Schaufel landet offenbar in einem ungünstigen Winkel und wird mir fragwürdigerweise fast ins Gesicht katapultiert. Ich mein, ich hab mich letztes Jahr schon mal an einen Knoppers geschnitten, das fand ich schon irgendwie merkwürdig, wenn ich mich heute mit einer Schaufel umgebracht hätte wäre mir das irgendwie peinlich.

7.11.2012

Das Wetter lässt nach wie vor zu wünschen übrig, der Regen hat jedoch nachgelassen. Unsere Lust auf’s Arbeiten auch. Marius hat weiterhin Spaß mit seinem Whipper-Snipper und ich darf immer noch den ganzen Tag irgendwelche blöden Bäume umtopfen.
Michael erzählt mir, dass Johns Vater am Freitag Vormittag gestorben sei.
Ähh, STOP! War Freitag nicht der Tag, an dem John uns auf ein Feierabendbierchen eingeladen hat? John konnte seinen Papa offenbar nicht besonders gut leiden.

9.11.2012

Endlich Freitag! Super Wetter, super Laune und super ätzende Arbeit. Bäume umtopfen ist echt nichts für mich. Ich kann echt keine Bäume mehr sehen, Töpfe auch nicht so gerne. Gegen elf Uhr habe ich allerdings alle Töpfe aufgebraucht, wunderbar!
Kurze Zeit später kommt Marius mit einer unglaublich großen und roten Birne an und erklärt, dass der Heuschnupfen ihm beim Whipper-Snippern gehörig zu schaffen mache, daraufhin tauschen wir die Arbeit. Marius sagt, dass Michael vor kurzem neues Benzin für den Whipser-Schnipser geholt habe und dass dieser seit dem nicht mehr so richtig funktioniere. In der Tat: Ich arbeite ca. 15 Minuten und das komische Viech geht immer nach eigener Lust und Laune an und aus. Tolles Teil. Ich geh zu Michael und sag, dass das Teil nicht mehr funktioniere, Michael fragt mich ob ich Benzin drin habe.
Seh ich wirklich so doof aus? Michael schickt mich zu Darren, der habe mehr Ahnung von Snipper-Whippern. Ich geh zu Darren und beschwer mich über den Snipper-Snappern und er fragt mich, ob ich Benzin drin habe. Na toll, noch so ein Genie. Ich zeige ihm, dass der Tank noch zu ¾ gefüllt ist und Darren meint, ich soll den Tank doch mal ganz voll machen. Außerdem arbeite ich damit, deswegen müsse ich schließlich auch wissen, wie das Teil funktioniert.

??? Woher denn ??? Denkt der, dass ich nach der fehlenden Sicherheitsunterweisung noch schnell ‚ne Mechanikerlehre gemacht hab und den Wecker-Snacker jetzt eben zerlegen kann? Komischer Kauz. Ich bekomm das Teil auf jeden Fall irgendwie zum Laufen und arbeite für den Rest des Tages auch damit.
Gegen 17:00h dürfen wir pünktlich Feierbabend machen, John kommt an und erklärt, dass er leider keine Arbeit mehr für uns habe.



Irgendwie fällt mir gerade echt nicht ein, was ich dazu schreiben soll. Ich mein, der John war ja immer schön lieb und nett, er hat uns heute sogar noch auf ein Feierabendbierchen eingeladen und erklärt, dass durch den Frühlingsanfang die Wasserkosten erheblich gestiegen seien und dass die Verkaufszahlen bis jetzt für dieses Jahr auch sehr schlecht seien. Das ändert unserer Meinung jedoch nichts daran, dass John nicht im ersten Jahr Chef seiner Gärtnerei ist und so was im Voraus hätte planen können.
Ich habe im Internet gelesen, dass der typische Australier ganz anders mit Geld umgeht, als ein typischer Deutscher. Der Australier gibt sein Geld direkt aus während der Deutsche stets versucht zu Sparen. Im Falle eines Engpasses fängt der Australier an sämtliche Ausgaben drastisch zu reduzieren, während der Deutsche auf seine Ersparnisse zurückgreifen kann.
Bei dem Australier ist das Geld im Portemonaie sozusagen ein auf und ab, während es bei dem Deutschen eher Konstant ist. Bislang konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass das stimmt, Johns Verhalten nach zu urteilen könnte man dieser Theorie jedoch Glauben schenken.

Nach der Arbeit gehen wir schwimmen und beschließen den heilgen John mit einem kleinem Goon zu würdigen. Zuhause am Campingplatz erwarten uns neue Nachbarn: zwei Australier, ungefähr genauso alt wie Marius und ich, arbeitslos, ihre mobile Heimat ist ein Sportwagen von Hyundai. Mit an Bord: Freddy, ein Frettchen, dass der Besitzerin irgendwie ähnlich sieht und Fluffy der Flusenhund. Die scheinen ja echt ein tolles Leben zu haben. Bestimmt absolut ohne Rücken- oder Platzprobleme. Sieht auch sehr bequem aus, ihr 120 Ps starkes Heim.

10.11.2012

Wunderbar, kam zwar etwas unerwartet, aber für ein verlängertes Wochenende sind wir beide doch immer gerne zu haben. Wir beschließen ein paar Pflichtziele abzufahren um ein paar Fotos zu schießen und uns anschließend auf die Reise zu machen. Das heutige Ziel lautet Fremantle. Das ehemalige Fischerdorf besitzt heute einen ansehnlichen Yachthafen und wirbt mit den besten Fish& Chips des Landes. Da wir beide nicht so die Fischesser sind bestellen wir uns Fish& Chips nur halt ohne den Fisch. Die Fritten hier schmecken echt toll.

11.11.2012

Punkt 11:11:11 Uhr stoßen wir beide mit einem Bier an und lehren unseren australischen Nachbarn den deutschen Karneval. Offenbar haben diese Banausen nicht viel für die Höhner übrig, schade.
Stimmungsverderber ist mal wieder der Regen. Viele Australier haben uns schon erzählt, dass dies der regnerischste Winter bzw. Frühling seit eh und jäh ist, na ein Glück dürfen wir das miterleben. Wir verbringen den veregneten Teil des Tages im Einkaufszentrum und die anderen paar Minuten im Zelt.

12.11.2012

„Boy, boy! Boy!!! Boy! Get up!”

Ich werde von echt ätzenden Gepolter und Geklopfe am Fenster geweckt. Am Fenster steht das Mädel aus dem Sportwagen, die wir am Freitag kennengelernt haben. Sie fragt ob ich ein Starthilfekabel habe und ob ich ihr und ihrem Freund, Frettchen und Hund bzw, deren Auto Starthilfe geben kann. Ich erkläre ihr, dass es noch vor neun ist und das meine Antwort dementsprechend nein lautet, sie poltert weiter. Anscheinend bleibt mir nichts anderes über als ihr den Gefallen zu tun. Ich versteh zwar nicht, warum ausgerechnet ich der Auserwählte bin, der diese Ehre hat, da auf dem Campingplatz schon mehrere Leute wach sind und ihr Freund bereits Jemanden angesprochen hat, der theoretisch auch mit Starthilfe dienen könnte, aber was soll’s. Erst auf den dritten Blick fällt mir auf, dass die beiden nicht mehr in einem Hyundai Sportwagen sitzen, sondern in einem uralten und verkalkten Hyundaibus. Er erklärt mir, dass die Autos am Strand mit einem Surfer getauscht hätten. Ich gratuliere ihm, gebe ihm die blöde Starthilfe und geh zurück ins Bett.
Tagsüber lassen wir unser Auto auschecken, ob auch noch alles in Ordnung ist und fahren anschließend nach Perth um noch ein paar Fotos zu machen. Perth ist ja echt eine tolle Stadt, eignet sich aber irgendwie schwierig zum Fotos machen. Vielleicht ist dies auch eher auf unser Talent im schlechte Fotos machen zurückzuführen, wir bekommen jedoch nichts super tolles Zustande.

14.11.2012

Gestern haben wir alles zusammengepackt und saubergemacht, heute brechen wir auf nach Bunbury. Die Fahrt verläuft unproblematisch, wir kommen gegen sieben Uhr auf einem günstigen Campingplatz an und nachdem wir alles aufgebaut haben beschließen wir die Gegend auszukundschaften. Nahe gelegen ist der Strand der sogar für Autos zugänglich ist. Ob unser Auto wohl Strandtauglich ist? Angeblich schon, außerdem ist unser Campingnachbar mit einem viel älteren Karren gerade vom Strand gekommen. Also, Go!
Unser Auto ist Strandtauglich!!!
Allerdings nur die ersten 30 Meter. Danach haben wir uns so was von fest gefahren.. Unser Auto hat sich echt beachtlich tief in den Sand eingegraben. Na toll, das fehlt natürlich noch. Arbeitslos und Sand im Getriebe. Wir reduzieren den Luftdruck auf ca. 1,5 Bar, Marius fängt an zu buddeln und ich geh zur Straße und pflücke ein paar Straßenpöller, die wir denn zusammen mit den Fußmatten unter die Reifen schieben. Außerdem müssen unsere Arbeitshosen dran ebenfalls dran glauben. Nach ca. zwei Stunden des Buddelns, Ziehen, Drücken, Fährten legen und fahren haben wir es tatsächlich geschafft mal wieder aus der Klemme bzw. aus dem Sand zu kommen. So was passiert natürlich nur uns.

15.11.2012

Wir fahren nach Bunbury um uns mal die Innenstadt anzuschauen. Wenn man mal so durchs Einkaufszentrum läuft, fällt einem auf, dass die Läden hier echt anders sind als in Deutschland. Während in Deutschland die Leute wenigstens so tun als würden sie lieber im „Tante Emma Laden“ einkaufen anstatt die Großkonzerne zu unterstützen hat man hier keine Wahl. Es gibt hier NUR Großkonzerne, jedes Einkaufszentrum ist gleich aufgebaut, private Supermärkte sind hier total rar. Die Großkonzerne schließen sich hier sogar noch zusammen: Wenn man bei Coles (vergleichbar mit Lidl) für mehr als 30$ einkauft, spart man beim nächsten Tanken bei einer Shell Tankstelle acht Cent pro Liter. Private Supermärkte oder Tankstellen haben dementsprechend echt keine Überlebenschance.
Bunbury ist insgesamt aber recht schön und am Meer gelegen, wir gehen schwimmen und beobachten doch tatsächlich einen Nissan Navara, der sich im Sand fest fährt. Anscheinend passiert so was doch nicht nur uns. HA!

16.11.2012

Nächstes Reiseziel: Wave Rock. Wie der Name schon sagt ist das ein Fels der die Form einer Welle hat. Der 2,7 Milliarden alte Felsen ist ungefähr 100 Meter lang und 15 Meter hoch und liegt in dem Dorf Hyden. Regen, Frost und die Hitze haben den Stein über die Zeit hin diese unglaubliche Form gegeben. Der Wave Rock, oder auch „Wellenstein“ ist echt einzigartig, die Aussicht vom Kopf des Felsen ist noch schöner. Wir übernachten ungefähr 70Km östlich von Hyden auf einem freien Campingplatz. Die unbefestigte Straße führt zum kleinen Dorf Norseman und wir sind in der Nacht die einzigen Gäste auf dem Platz. Keine Menschenseele, kein Licht, gar Nichts. Echt ein komisches Gefühl zu wissen, dass die nächste Menschenseele ca. 70 Km entfernt ist.

17.11.2012

Beim zusammen packen werden wir von unglaublich penetranten und vielen Fliegen genervt. Diese Biester sind in manchen Teilen hier wirklich eine Plage. Die Menschen laufen hier stellenweise komplett vermummt rum damit die Fliegen im Gesicht nicht so sehr Nerven.
Wir fahren noch weitere 250K über die „Dirt Road“, die unbefestigte Straße bis nach Norseman, dem „Tor zu Nullarbor“. In Norseman wird Wasser und Benzin getankt und dann geht es ab auf den „Eyre Highway“. Dieser Highway ist die einzige Möglichkeit von Westaustralien nach Südaustralien zu kommen. Das Navi sagt:“ In 1200Km links abbiegen“. Auf der 1200Km langen Strecke gibt es alle 200Km eine Tankstelle und sonst Nichts. Nichts, Nichts und noch mal NICHTS. Kaum Kurven, alle 30 Minuten kommt uns mal ein Truck entgegen und sonst nur eine paar Kängurus, tot und lebendig. Die toten Kängurus sind von Aasgeiern und anderen großen und schrägen Vögeln umzingelt. Wir schauen während der Fahrt fast eine ganze Staffel „Two and a Half Man“ auf dem Laptop und machen während der Fahrt einen Fahrerwechsel. Soviel Nichts auf einmal ist echt zu viel Nichts für uns. Hier grüßt man sogar noch auf der Straße. Da es schon gegen sieben Uhr dunkel wird beenden wir auch dann unsere Reise. Hier hüpfen ständig Kängurus rum und offenbar springen die gerne vor Autos, ständig liegen die hier tot auf der Straße rum und wir wollen ja echt keinen Streit anfangen.

19.11.2012

Gestern sind wir einen weiteren Tag im Nichts rumgefahren, sehr spannend. Man muss sich einfach mal vor Augen halten, dass wir gerade mehr oder weniger aus Perth kommen und die nächste Großstadt von Perth ist 2700Km entfernt. Australien hat ungefähr 22,4 Millionen Einwohner, zum Vergleich: Deutschland hat ca. 85 Millionen Einwohner.
Zuerst fahren wir nach Streaky Bay, ein kleines Küstendorf, gehen schwimmen und anschließend fahren wir weiter bis ins 400Km entfernte Whyalla. Hier finden wir einen schönen Campingplatz und beschließen etwas zu bleiben.

21.11.2012

Whyalla ist gar nicht mal so schön, eher ziemlich langweilig. Gestern war es unglaublich heiß, ca. 35°C, wir haben den halben Tag kalt geduscht und uns anschließend in die Bücherei gesetzt um Gratis W-Lan abzustauben. Heute reisen wir weiter in Richtung Adelaide.


Samstag, 3. November 2012

Michael, John und ein komischer Gartenladen

19.10.2012

Endlich ist ein Wochenende in Sicht, was heute wieder mal auf der Arbeit abging ist schon wieder viel zu verrückt für uns. Marius arbeitet seit Mittwoch bei Michael im Garten und sucht irgendwelche Blätter zusammen und ich bin noch in der Gärtnerei. Michael hat heute noch mal bestätigt, dass er seine Kollegin echt nicht besonders leiden kann. Ähnliche Situation wie letztes Mal, letzte Woche kam sie ja an und hat ihn etwas gefragt und er hat einfach sein Flowermopped angeschmissen und sie total hart ignoriert. Heute hat sie ihn aus der Ferne gerufen, Michael antwortet, schmeißt sein Quadt an und ist mehr oder weniger über alle Berge. Seine Kollegin hat offenbar echt Schwierigkeiten solche Sachen zu verstehen, während sie letzte Woche einfach munter weitergeplappert hat während Michael am rumsägen ist marschiert sie heute in eine völlig andere Richtung weiter und ruft ihm irgendwas zu. Und ich steh mittendrin und versteh mal wieder nur Flowerpott.
Desweiteren hat sich heute herausgestellt, dass der gute, alte John offenbar mehr alt als gut ist. So gut ist er nämlich gar nicht: Er hat eine riesige Bestellung Flowerpötte aus dem Vietnam bestellt und sich hierbei um 50.000$ verkalkuliert. 1.), wie viele Flowerpötte muss man im Vietnam bestellen um überhaupt auf 50.000$ zu kommen und 2.) wie kann an sich um 50.000$ verkalkulieren? Das ganze hat mir Michael erzählt, er hat’s am Telefon mitgehört.
Johns Reaktionen darauf sind aber noch viel amüsanter: Kürzen der Löhne von Michael und Darren, evtl. das Feuern sämtlicher Backpacker und ‚ne Schnute wie drei Wochen Haferbrei. Michael erklärt, dass John das schon zwei Mal passiert sei und dass es gut sein könnte, dass wir am Montag gefeuert würden. John möchte Einsparungen machen. Wenn ich Marius und meinen Lohn in Relation zu Johns Verrechungen sehe, frage ich mich echt, ob John am richtigen Ende spart. Das ist in ungefähr so, wie wenn man auf ‚nem sinkenden Schiff sitzt und anfängt Luftballons in den Keller zu räumen. Dass er die Löhne von seinen zwei eigenen Söhnen kürzt ist sowieso der Oberhammer. Michael meint allerdings, das sei normal. Ich frage mich auch, warum Michael sich keinen anderen Job sucht.
Den Feierabend begießen wir mit ein paar Bierchen und wie gehen Pizza essen. Ein mal und nie wieder. Uns wurde schon gesagt, dass die Australier recht talentfrei im Pizzabacken seien, aber dass sie sooo talentfrei sind, hätte ja keiner Ahnen können. Wie bestellen aus reiner Vorsicht aus der Rubrik „Traditionelle Italia“ eine sogenannte „Meatloverpizza“. Diese besteht aus einem total wabbeligen Volkornteig, Tomatensauce, Käse und gefühlte 32 verschiedene Arten von Wurst. Auf dieser Pizza ist echt alles drauf, alte Wurst, neue Wurst, Schinken, Schwein, Huhn, Hamster, Hering.. Komische Tradition. Da hat unser Hefesteinbrot um Welten besser geschmeckt. Was soll daran „Traditionelle Italia“ sein? Die Rubrik sollte eher „Wir üben noch“ heißen. Und das ganze für 14$ pro Pizza.

20.10.2012

Samstag! Ausschlafen, ‚ne ruhige Kugel schieben und noch mal Ausschlafen. Gegen 13h brechen wir auf in Richtung Perth. Die Sonne lacht, wie tun’s auch, alles ist perfekt. Heute darf ich mir endlich eine Gitarre kaufen. Um unserer Reise einen gewissen ironischen Unterton zu verleihen, nehmen wir unsere Gasflaschen mit, die noch ausgecheckt werden müssen. In Kalgoorlie hat man uns immer erzählt, dass man die Gasflaschen nur in Perth auschecken lassen kann. Da haben wir denen natürlich immer ‚n Vogel gezeigt, wer fährt schon 600Km in die nächste Stadt um Gasflaschen auschecken zu lassen?

Marius und Steffen.

Perth ist echt eine riesige Stadt, riesige Gebäude mit Werbung in moderner Bauart und 1000 Leute die hektisch einem Ziel nacheifern. Und 50 Km weiter steht man mitten in der Wüste, echt komisch.
Nach längeren Suchen finden wir zwei Musikgeschäfte, deren Inhalte nahezu identisch sind. Diese beiden Musikgeschäfte sind direkt nebeneinander gelegen und die beiden einzigen in komplett Perth. Total komisch geregelt. Geschäft A macht allerdings einen besseren Eindruck und ist außerdem acht Meter weniger von Auto entfernt, damit hat es gewonnen. Und ich hab endlich eine Gitarre, na endlich!!! Wurde auch mal Zeit!
Danach gehen wir Schwimmen bzw. gehen ins Schwimmbad und legen uns eigentlich einfach nur ins Wasser. Sehr entspannend!
Auf dem nach Hause Weg halten wir noch ein einer Tankstelle und stellen fest, dass die hier Gasflaschen austauschen. Da das mit dem Auschecken aufgrund unserer Verplantheit irgendwie ins Wasser gefallen ist, beschließen wir es einfach mal zu versuchen. Marius schnappt sich beide Gasflaschen und stellt sich auf total doof.
Sätze wie: „I, Gasbottle, change, change, change!!“ und „Make the boom in the tzzzt“ sorgen dafür, dass wir zwei strahlend neue Gasflaschen bekommen! Ha! Wusst’ ich’s doch! Irgengwem drehen wir unsere uralt Gasflaschen schon an.
Den Abend lang wird viel Gitarre gespielt und über die besten Lieder von Bap gestritten. Außerdem telefonieren wir noch mit ein paar Leuten aus der Heimat und müssen feststellen, dass Zuhause echt nicht viel passiert ist.

Eh, Jungs, sacht ma, macht ihr’n Winterschlaf oder seid ihr in Pension gegangen? Wir hören ja gar nichts Neues mehr aus Deutschland. Kann nicht mal irgendwer falsch Parken oder mit ‚nem Skateboard auf die Nase fallen?

21.10.2012

Sonntag, Waschtag! Der Engländer hat uns zwar erklärt wir man sparsam wäscht, aber irgendwie haben wir das nicht so richtig hinbekommen. Man nimmt einen Eimer, tut seine Wäsche darein, Wasser, Waschpulver und dann lässt man die Kiste einfach 12 Stunden stehen. Aber irgendwie klappt das nicht so richtig. Die Box riecht ungefähr so, wie wir uns Rohypnol vorstellen. Wirkung ist ähnlich. Also ab in die Waschküche!
Abends bekommen wir einen Anruf von Michael, wir sind beide gefeuert. Wir können aber beide beim Michael anfangen im Garten irgendwelche Blätter zusammen zu suchen. Irgendwie ist uns das total egal. Das Wetter ist gut, wir haben kaltes Bier, von so was lassen wir uns nicht die Laune verderben.

22.10.2012

Es ist 6:30h und es hat die ganze Nacht geregnet. Es regnet immer noch. Alles ist nass. Wir haben unsere Arbeitsklamotten über Nacht draußen gelassen, da sie am Vortag noch nicht trocken waren. Die Sonne geht hier schon gegen 5h auf und wir haben gehofft, dass diese unsere Sachen in der Früh schön trocknet. Wir wurden gefeuert und dürfen jetzt draußen den ganzen Tag lang Blätter zusammen suchen. Es ist kalt. Nass. Echt ätzend. Wir trinken ein Bier und fahren zur Arbeit. Was sollen wir schon tun? Sonnentanz?
Michael findet, dass es zu nass zum Arbeiten ist und schickt uns nach Hause, wunderbar, wir fahren ins Schwimmbad und setzen uns für den Rest des Tages in der Whirlpool. Gegen Nachmittag wird das Wetter wieder besser und unsere Laune dito.
John hat sich seinen Garten offenbar noch mal aus der Nähe angeschaut, ich bekomme jedenfalls einen Anruf von Michael, dass ich wieder eingestellt bin. Marius arbeitet weiterhin bei Michael im Busch.


23.10.2012

Juhu, ich darf wieder beim John Blumen zusammen schrauben, während Marius sich in Michaels Garten amüsiert. Marius erzählt mir stets, dass er zwar auch viel arbeite, aber die Pausenzeiten seien Michael mehr oder weniger völlig Schnuppe und der elf Uhr Kaffee mit Michaels Frau schmecke auch sehr gut. Wunderbar, die Gespräche mit Wi-Peng-Wuff oder wie die andere Mitarbeiterin hieß, sind auch sehr reizend. Wir unterhalten uns über Blumen, Kekse und Coladosen. Schade ist nur, dass sie keinen Ton Englisch spricht. Aber die schafft es mir zu verstehen zu geben, dass sie schon nicht gerne mag. Sie arbeite nur dort, weil sie kein Auto habe und nicht wüsste, wo sie sonst arbeiten sollte.

26.10.2012

Freitag, das Wochenende kann beginnen! Was ich recht entspannend finde ist, dass ich in letzter Zeit sehr viel alleine Arbeite und so auch Musik hören darf. Ist nur nicht immer so Vorteilhaft: Kein Mensch weiß wer die Bewässerungsanlage programmiert hat und deswegen weiß auch keiner, wann welcher Bereich bewässert wird. Kurz bevor das Bewässern losgeht fangen die Sprinkler an komische Geräusche zu machen und dann rennt man halt. Wenn man jedoch Musik hört und fröhlich gesinnt ein Lied vor sich hinpfeift, wird man halt schon mal nass.
Seit heute ist John für mich komplett am Leben vorbei. Alle erzählen mit ständig, dass John sich nur beschweren könne und ich solle mich in Acht nehmen und hassenichgesehn. Er feuert ständig irgendwelche Angestellten weil sie ihm zu langsam sind.
Ich musste heute 100 Säcke Blumenerde abfüllen, recht entspannender Job. Ich arbeite im ganz normalen Tempo, pack ein bisschen Erde in die Säcke, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Ganz normales Tempo halt. John steht längere Zeit hinter mir und beobachtet mich. Plötzlich steht er neben mir und sagt, dass ich nicht so schnell arbeiten solle. Es wäre schließlich Freitag und bald sei Wochenende.

???“haaahbissseeebeeescheeeuuuaaat???“

27.10.2012

Samstag, 34°C, gute Laune! Wir telefonieren mit der Heimat und die Heimat faselt irgendwas von Frosteinbrüchen und Wirbelstürmen in den USA. Das ist uns ein fettes „High 5!“ wert und wir fahren nach Perth. Wir wollen nämlich zum Friseur bzw. es ist sehr dringend. Marius beschwert sich schon über Sichtprobleme und ich kann meine Matte auch kaum mehr bändigen.
Perth ist echt ein teures Pflaster, aber dass es sooo teuer ist, konnte keiner Ahnen. Wir finden echt keinen Friseur unter 35$ pro Kopf. Die meisten Friseure begrüßen ihre Kunden fröhlich mit Champagner, wir wollten aber doch nur einen Haarschnitt!!!
Kann es nicht irgendwo in Perth einen zittrigen Friseur geben?
Gibt es. Marius und ich haben es tatsächlich geschafft, den zittrigsten Tattergreis in Perth ausfindig zu machen, und dieser hat sogar einen eigenen Friseursaloon. Für schlappe 18$ sind wir dabei. Im Laden läuft türkische Volksmusik und die beiden gut gelaunten Friseure, der eine ca. 50, der andere ca. 100, der eine kurz, der andere lang, sind bester Dinge und verstehen kaum Englisch. Marius lässt sich den Schädel kahl schneiden und ich versuche meinem Friseur den Unterschied zwischen „drei Cm abschneiden“ und „drei Cm dran lassen“ zu erklären. Versteht er nicht. Na ja, ist ja eh bald Helloween.
Ihr kennt doch sicher den Moment beim Friseur, wo man eigentlich schon fertig ist, der Friseur dann einmal mit einem kleinen, runden Spiegel um einen herumläuft um die Nackenpartie zu zeigen, man einfach schnell abnickt, bezahlt und verschwindet? In diesem Moment bin ich fast vom Stuhl gefallen: Der komische Tattergreis hat mir ein Dreieck in den Nacken geschnitten! Ein schönes, windschiefes Dreieck! Marius fällt im Hintergrund vor Lachen vom Stuhl und ich schwöre mir, nie wieder einen Tattergreis als Friseur zu nehmen. Ich frage ihn, ob er vielleicht ein bisschen weniger Dreiecke und ein bisschen mehr Frisur schnitzen kann? Er kramt einen Rasierer aus seinem Nähkästchen und fängt ganz ungeniert an mir den Nacken zu schälen. Ich frage mich echt, ob dieser Kerl schon immer den Wunsch hatte Friseur zu werden oder ob er einfach eine Schere gefunden hat und sich gedacht hat: “Ok, Friseur.“

28.10.2012

Es ist mal wieder Sonntag und irgendwie sind wir beide antriebslos wie eine alte Lokomotive. Eine sehr, sehr alte Lokomotive.
Es soll hier in der Gegend die wunderschönen Wasserfälle geben. Diese „Serpentine Falls“ sind nur 15Km entfernt und wir beschließen diesen Pflichtbesuch auf heute zu verschieben. Diese Wasserfälle sind… ein Witz. Wasser läuft von einem ca. zehn Meter hohen Stein hinunter und endet in einem Sammelbecken in dem man schwimmen kann. Eigentlich kostet hier der Eintritt elf Dollar, aber wir haben es irgendwie wieder geschafft da umsonst rein zu kommen, hätten wir auch sonst bereut.

29.10.2012

Happy Birthday Papa!

Montag! Auf zu John, Unkraut ernten und Blumen schrauben. Johns Lieferung ist eingetroffen und ein unerwartet großer Container mit Flowerpötten aus dem Vietnam steht vor der Tür.
Ich fahre mit einer Ladung Bäumen und anderen Flowerpötten mit Michael nach Perth in eine Millionärssiedlung und liefere Pflanzen aus. Marius hat heute frei bekommen. Johns Vater, also Michaels Opa, liegt im Sterben und die unglaublich große Lieferung Flowerpötte muss ausgepackt werden, deswegen hat Michael keine Zeit Marius bei sich Zuhause einzuweisen. Marius kümmert sich derweil Zuhause um alles wie sauber machen, Kochen, Einkaufen und Sonstiges.

30.10.2012

Den ganzen Tag lang darf ich Flowerpötte ausräumen und durch die Gegend tragen. John ist sehr ruhig und Michael erklärt, dass der Arzt Johns Vater noch zwei Tage gegeben hat.

????

Was macht die ganze Familie bitte bei der Arbeit? Wieso ist nicht wenigstens einer beim Opi am Sterbebett?? Der Opa liegt schließlich nur ein Haus weiter. Ich mache heute 30 Minuten länger und die komplette Familie ist noch am Arbeiten.
John hat heute festegestellt, dass in dem Container offenbar noch viel mehr Flowerpötte sind als erwartet und er weiß offenbar auch nicht, wie sein Ordnungssystem mit den Pötten aussehen soll bzw. wie er die ganze Arbeit bewältigen will. Er fragt ob Marius morgen wieder anfangen wolle.

31.10.2012

Marius und ich arbeiten wieder zusammen! Auch cool!

Wir haben heute auch gerade Mal einen Flowerpott runtergewofen, Michael hat einen Aztekenkopf und ebenfalls einen Flowerpott zerstört. Im Team sind wir ungschlagbar. Michael ist echt gut drauf:

Marius:“ he, Steffen, meinste brauchen wir für den Pott da ‚nen Trolley?“

Michael: „hmm, i don’t know..“

Marius und Steffen: „???“

Michael: „R u weak? F*#k that Trolley! Use your arms!”

2.11.2012

Freitag, na endlich. Wir haben den Rest der Woche Flowerpötte gestapelt und umgestellt. Michael sagt, dass wir uns selbst überlegen sollen, welchen Flowerpott wir wohin stellen. Generell ist Michael heute total verwirrt. Er vergibt manche Aufgaben doppelt und läuft irgendwie heute völlig verplant in der Gegend rum. Auch John scheint betrunken zu sein: Er kommt zu uns und sagt, wir hätten echt gute Arbeit geleistet. Er wolle uns nach der Arbeit auf ein Bier einladen.
Ey wat is’ den jetz’ kaputt? Hat der zu lang in der Sonne gelegen oder konnte er seinen Vater einfach nicht leiden??? Das Feierabendbier kommt zwar etwas zu spät schmeckt aber sehr gut, ich frage mich nur warum die heute so verwirrt sind? John meint, ich sehe aus wie dieser Edward Beißmichnich aus diesem Vampirfilm und Michael ist, wie gesagt, verwirrt für drei.

Nach der Arbeit kaufen wir uns ein bisschen Bier und legen uns wieder in den Whirlpool im Schwimmbad. Total entspannend.

3.11.2012

Nachdem wir ausführlich ausgeschlafen haben beschließen wir, in die Stadt zu fahren um ein paar Einkäufe zu erledigen. Generell ist und schon aufgefallen, dass die Supermarkteinrichter irgendwie total verplant gewesen sein müssen. Die Süßigkeiten stehen beim Werkzeug und das Werkzeug beim Hundefutter. Oder auch echt cool war das Energiedrink Angebot: ein Viererpack für acht Dollar, zwei Viererpakete für sechs Dollar. Oder auch echt schön: eine einzelne Dose kostet einen Dollar, ein Sechserpaket davon kostet acht Dollar. Echt verwirrt irgendwie.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Vom Gammler zum Gärtner

5.10.2012

Wir sind immer noch Arbeitslos aber es ist ja ein Ende in Sicht. Wir freuen uns schon drauf! Das Leben als Arbeitsloser und nicht mals Harzt VI Empfänger ist 1.) teuer und 2.) auf Dauer Anstrengend und langweilig. Wir haben das Gefühl in eine Art Lethargie gerutscht zu sein: Ich stehe morgens auf und das Erste was ich tue ist nachschauen was Marius gerade so treibt. In ganz grob gesagt 100% der Fälle liegt dieser im Bett und beobachtet die Trailerdecke. Dann spielen wir eine Runde Schnick-schnack-schnuck darum, wer Kaffeewasser aufsetzt. Der Gewinner setzt sich auf seinen Stuhl und bekommt dann halt ‚n Kaffee zum Frühstück. Dieser Kram findet in der Regel zwischen zehn und elf Uhr statt, anschließend sitzen wir meistens auf unseren Stühlen und joa, was kann man schon so tun? Wir haben nicht mehr soviel Geld und um was zu erleben braucht man Geld. Oder Ideen!
Mittwoch morgen, ich hatte gerade das Kaffeewasserbattle gewonnen, da kam Marius auf die grandiose Schnapsidee ein Brot zu backen. Über die Zutaten waren wir uns ein bisschen unklar, fest steht: Zwiebeln, Speck und Parmesan. Den Rest ergoogeln wir uns im Internet.

Hefe. Mehl.

Sowas ist uns bis dato noch nie in die Tüte gekommen, aber es gibt ja bekanntlich immer ein erstes Mal. Also: Zutaten mit einer großen Menge Phantasie und Humor Rezeptgetreu nach eigenem Willen verrühren und hoffen, dass etwas entsteht, das mit noch viel mehr Phantasie einem Teig ähnelt und anschließend ziehen lassen. Ziehen lassen heißt übrigens in der Bäckersprache dass man den Kram in die Ecke stellt und hofft, dass nichts Unerwartetes passiert. Die Hefe hat ihr Bestes getan, wir hatten auf einmal doppelt soviel Teig wie vorher. Das war zwar unerwartet aber gar nicht mal so schlecht. Dem schlauen Leser wird wahrscheinlich jetzt schon aufgefallen sein, dass man zum Backen einen Ofen braucht, aber wir sind ja auch nicht ganz dumm. Wir haben ein silbernes Metallgerät, das kann man einfach ins Feuer schmeißen. Falls man etwas Backen möchte tut man das zu Backende einfach in dieses besagte Gerät und schmeißt es dann ins Feuer. Anschließend macht man sich Gedanken wir man dieses nun kochend heiße Teil wieder auf dem Feuer bekommt und genau dann sollte der Braten auch ungefähr Genießbar sein. In unserem Fall ist es halt kein Braten sondern ein Brot. Unglaublich, das Brot ist noch größter geworden. Wir haben uns aufgrund von Form des Silberteils dazu entschlossen, kleine Würstchen zu rollen anstatt einem großen Klumpen. Der Ofen hat in der Regel irgendwas zwischen 40-600° Celsius und das macht das Einschätzen der Backzeit etwas schwieriger. Aber es hat funktioniert, wir beißen beide einmal ab und sind mehr oder weniger satt. Vielleicht sollten wir in Zukunft ein bisschen sparsamer mit der Hefe umgehen, statt vier Personen können wir jetzt halb Kölle und eine hungrige Räuberbande mit unserem Vorrat ernähren. An sich schmeckt unser Brot aber gar nicht so schlecht, nur halt etwas Hefelastig. Wir üben halt noch.
Ansonsten ist diese Woche echt nichts passiert, Marius hat vier Mal hintereinander das Kaffeewasserbattle gewonnen und das an einem Tag, sonst war es echt ruhig.
Wir haben unsere Nachbarn kennengelernt, Craig und Frank, Craig ist Ende vierzig und reist in einem alten Schulbus durch Australien, Frank ist Exmechaniker, zugezogen aus der Schweiz und reist nun auch durch Australien. Sie kommen uns besuchen und Craig schenkt uns eine Gasflasche, da er einen neuen Herd hat und nicht mehr gebrauchen kann. Marius meckert zwar, dass er sich mehr über eine Pfanne oder so als Nachbarschafts-Willkommensgeschenk gefreut hat, aber diese Bemerkung hat selbstverständlich einen ironischen Unterton. Frank als Exmechaniker schenkt und noch ein paar Sicherungen fürs Auto und repariert uns einen Adapter der uns kaputt gegangen ist. Damit sind wir beide sehr zufrieden.
Am Abend kommt ein englisches Pärchen und klärt uns über deren Lebensgeschichte auf: Sie reisen seit mehr als zwei Jahren durch Australien und haben es durch ein paar schlaue Tricks geschafft ihr Visum zu verlängern. Echt witzig, wie wir die Zwei kennen gelernt haben, wir sind gerade auf Feuerholzjagt gewesen, da quatscht sie mich von der Seite an und erklärt, dass es seit Oktober in diesen Breiten verboten ist Lagerfeuer zu machen. Wenn sich das Feuer jedoch in Grenzen halte, sei es schon okay. Ich versichere ihr gerade, dass wir wirklich nur ein kleines Feuer machen wollte, just in diesem Moment läuft Marius mit einem ca. sechs Meter langen Baum im Hintergrund vorbei, winkt kurz rüber und ruft: „ Jo hab einen!“. Die Beiden nehmen es mit Humor und gesellen sich zu uns. Echt nett die beiden, sie sind ca. 40 Jahre alt und verwirklichen sich gerade ihren Lebenstraum. Nach dem Essen geht sie schlafen und er wirkt irgendwie erleichtert, bringt ein Fass Goon und jede Menge Bier mit. Er scheint echt fröhlich zu sein, endlich noch mal ein Bierchen über den Durst wie in der Jugend und keine Ehefrau die einem ständig auf die Finger haut und die Bierchen an ein einer oder zwei Händen abzählt. Über den Abend verteilt schenken die Beiden uns: eine Mundharmonika, einen großen Eimer und Waschmittel. Immer merkwürdiger, was die Nachbarn uns so schenken, Marius beschwert sich wieder und sagt, er hätte lieber noch eine Gasflasche statt dem Eimer bekommen, aber vielleicht will ja jemand tauschen. Gegen fünf Uhr geht unser guter Freund ins Bett und vergisst eigentlich so ziemlich alles was er mitgebracht hat. Außer seine Ukulele, die hat er mitgenommen. Schade.

7.10.2012

Mensch hatten wir ein langweiliges Wochenende. Jeder Bewegungsablauf geschieht in Zeitlupe und wir haben außerdem beschlossen, dass das Kaffeewasserbattle bereits nach einer Runde entschieden ist und nicht erst nach dreien. Den Tag über sortieren wir unsere Teebeutel nach dem Alphabet und trinken echt viel Kaffee. Morgen ist unser erster Arbeitstag, endlich mal raus aus diesem Gammelleben und noch ein mal irgendwas machen, wir sind beide echt schrecklich Antriebslos. Wir haben beide keine Lust auf gar Nichts und selbst wenn wir dann mal wieder gar Nichts gemacht haben, sind wir beide froh, wenn wir wieder in unseren Stühlen sitzen und dem Feuer zugucken können wie es seine vernichtende Kraft beweist.

8.10.2012

Pünktlich drei Minuten vor Arbeitsbeginn stehen wir mit hochgekrempelten Armen in der Gärtnerei und lassen uns einweisen. Unsere erste Aufgabe ist Blumenpötte durch die Gegend tragen. Marius schnappt sich zwei Töpfe und kehrt mit einer Hand voll Blätter zurück und beschwert sich, dass man ihn mal hätte einweisen können, dass man Blumen nicht schütteln darf. Fängt ja schon mal gut an. Den Rest des Tages verbringen wir damit, Kies in Schubkarren zu laden und möglichst gleichmäßig in der Gegend zu verstreuen. Geht zwar in den Rücken aber immerhin wissen wir jetzt wieder wofür Arme und Beine ursprünglich mal vorgesehen waren. Nicht nur zum Kaffeekochen.

10.10.2012

Tag drei in der Gärtnerei. Irgendwie sind die Leute nicht mehr ganz so freundlich wie ursprünglich. Generell kommt uns der ganze Laden irgendwie komisch vor: Der Familienbetrieb besteht abgesehen von einer Taiwanerin und Marius und mir nur aus einer Familie. Michael ist jetzt 50 und arbeitet seit er neun Jahre alt ist da, Darren ist 52 und arbeitet auch seit er neun Jahre ist in dem Betrieb. Küchenfrau Camilla ist nicht sehr freundlich und scheint die Ehefrau vom Chef, John zu sein. Alle Mitarbeiter scheinen irgendwie Angst vor John zu haben. Heute kam Darren zu mir und hat mich gefragt, ob ich ihm helfen kann die „f*#cking Flowers“ abzuladen, er habe Rückenprobleme und es sei zu schwer für ihn. Allerdings sollte ich aufpassen, dass John uns nicht zu zweit einen Blumentopf tragen sieht, da John sonst sehr sauer werden würde. Michael scheint überhaupt keine Lust zu haben seinen Job zu machen. Er hat Heuschnupfen und seit er neun ist täglich damit zu kämpfen, so berichtet er. Wer kommt denn bitte mit neun Jahren auf die Idee in Papas Blumenladen zu arbeiten wenn man Heuschnupfen hat? Auch Monica, die Taiwanerin( alle nennen sie Monica, da ihr richtiger Name angeblich viel zu schwer zu merken ist) erzählt, dass wir sehr viel Respekt vor John haben sollten, sie selbst habe schon sehr oft Stress mit ihm gehabt. John meckert, dass Marius zu langsam sei. Anstatt zu Marius zu gehen und ihm das selbst zu sagen, sagt er es mir damit ich ihm es übermitteln kann.
???
Marius hat zu den ganzen Tag an einer Maschine gearbeitet. Seine Bewegungsabläufe haben sich zu an diesem Tag lediglich darauf beschränkt, alle drei Minuten, wenn die Maschine einen Sack mit Rindenmulch vollgemacht hat, diesen auf die Seite zu stellen um anschließend einen neuen anzuschließen. Wenn die Maschine nun mal drei Minuten braucht, braucht auch Marius, Supermann oder sogar John persönlich drei Minuten für einen Sack Rindenmulch. C’est la vie, John.
Gegen sieben Abends kommen wir an unserem Zeltplatz an und lernen ein paar deutsche Backpacker kennen. Janne, Franzi und Mattes haben sich ebenfalls in Australien kennengelernt und reisen seit mehreren Monaten zusammen durch Australien. Das Trio kommt auch gerade von der Arbeit, sie haben auf einer Show gearbeitet. Diese Show lässt sich in etwa mit einer deutschen Kirmes vergleichen, erklären sie.

12.10.2012

Es ist Freitag! Unser erstes wirkliches Wochenende! Wir fahren gleich zum nächsten Bottleshop und hängen uns zwei Becks an den langen Arm. Das erste Mal, dass wir uns hier mal ein Bier aus dem Bottleshop gönnen. Natürlich ein Gutes, Deutsches. Echt lecker!
Den Abend verbringen wir mit unseren deutschen Kollegen, mit denen wir uns im Laufe der Woche angefreundet haben. Janne ist mit 30 Jahren der Älteste in der Runde, Mattes und Franzi sind bei 22 und sind seit sechs Monaten ein Pärchen. Janne ist vom geistigen Alter offenbar auf Marius und meinem Niveau und so haben wir viel Spaß miteinander.
Die anderen Beiden scheinen uns hingegen ein paar Dekaden im Voraus zu sein, sie gehen jeden Abend zwischen neun und zehn ins Bett, während Janne, Marius und ich noch am Feuer sitzen.
Sie geben uns noch ein paar sinnvolle Tipps für Australien und klären uns über die Notwendigkeit von Kopflampen auf. Kopflampen sind zwar echt schräge Hüte aber total klasse, mit diesen Helligkeitsdingern kann man sogar was sehen wenn es dunkel ist. Unglaublich, wir beide sind bis jetzt im dunkeln immer auf die Nase gefallen.

13.10.2012

Wunderbar! Wochenende, Zeit für Regen! Die ganze Woche über war das Wetter echt wunderbar, kurze Hose, T-Shirt, Sonnenbrille. Aber da waren wir ja auf der Arbeit, heute, am freien Samstag regnet es. Ein Glück ist unser Trailer, abgesehen von einer kleinen Ecke ziemlich Hochseetauglich. Diese eine Ecke ist übrigens auch die, aus der Marius am Morgen seinen Mp3 Player gefischt hat. Funktioniert natürlich noch. Den Rest des Tages verbringen wir zu fünft oder zu dritt im Trailer und schauen uns irgendwelche Filme an. Was soll man auch schon tun? Hier soll es total tolle und hohe Wasserfälle geben, aber wer fährt schon zu einem Wasserfall, wenn er einen beachtlichen Bach vor der Tür hat? Wir können quasi zwischen Auto und Trailer wählen. Wir decken uns mit Pizza Snax, Bier und Brötchen ein und entscheiden uns für den Trailer. Blöde Sonne, die kann uns mal gestohlen bleiben!

14.10.2012

Das tut sie auch. Schon wieder nur Regen. Blöde Sonne! Soll uns doch nicht gestohlen bleiben. Janne, Marius und ich decken uns mit noch mehr Pizza Snax und Brötchen ein, um unserer Beschäftigung vom Vortag nachzugehen während unser altes Ehepaar im Nachbarzelt Monopoly spielt.

16.10.12

Mittlerweile fängt uns der Job an Spaß zu machen. John meckert zwar manchmal rum, seine beiden Söhne haben uns jedoch schon erklärt, dass John niemals zufrieden mit irgendetwas ist.
Michael ist vielleicht ein schräger Vogel. Hat sich vor kurze ein neues Auto gekauft: einen knallgelben Transporter von Kia.
Echt schön.
Heute kam eine Arbeitskollegin angelaufen um ihn etwas zu fragen:

Kollegin: „Michael?“

Michael: „yeah?“

Kollegin: „ I just wanted to ask…“

Michael: “RRÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖAAAAAAAAAARRRR”

Genau in diesem Moment hat Michael offenbar nichts Besseres zu tun als seine komische Damenkettensäge anzuwerfen um einen nahe gelegenen Busch zu trimmen. Seine Kollegin scheint das gar nicht registriert zu haben und plappert einfach weiter. Michael gibt mir mit einer Hand ein Zeichen, dass er sie nicht mag und schließlich verschwindet sie wieder.

17.10.12

Heute war echt ein entspannender Arbeitstag. Michael hat Marius bei sich Zuhause abgeladen, damit er dort ein bisschen rumgärtnern kann und ich hab in der Gärtnerei rumgegärtnert. Metallica, Guns ‚n Roses und Johnny Cash sorgen für eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Da ich den ganzen Tag alleine arbeite kann ich mein Arbeitstempo selbst bestimmen und bin offenbar dank der motivierenden Musik schon gegen Mittag mit meiner Arbeit fertig, obwohl diese für den ganzen Tag bestimmt war. Na toll, anstatt mit eine bequeme Liege zu geben sägt Michael mit seinem Blumenmopped noch ein paar Flowers zurecht und ich kann weitermachen. So war das eigentlich nicht gedacht, aber immerhin hat er nun einen guten Eindruck. Mein ehemaliger Chef wollte schließlich auch immer, dass ich einen guten Eindruck mache.
Da Marius mit dem Auto zu Michaels Haus gefahren ist bringt Michael mich nach Feierabend zu ihm nach Hause. Jetzt verstehen wir beide auch endlich mal, warum Michael für seinen Papa arbeitet: Sein Haus ist echt riesig, im Garten sorgen Swimmingpool mit Rutsche und ein Tennisplatz für ein ansehnliches Grundstück. Michael lädt uns auf ein Bier ein und ist verblüfft, nachdem Marius und ich das Bier mit einem Feuerzeug aufgemacht haben, er behauptet, er habe das noch nie gesehen.


Dienstag, 2. Oktober 2012

Raus aus der Wüste, rein in die Stadt!

20.9.2012

Nachdem wir unseren Ben erfolgreich an der Tanke losgeworden sind befanden wir uns in einer menschenleeren Stadt namens Norseman. Von hier aus gab es drei Möglichkeiten für uns weiterzureisen. Allerdings keine wirklich tollen: 1.), den kompletten Trip zurück fahren, 2.) über den Eyre Highway weiter richtung Osten oder 3.) weiter Richtung Norden. Ersteres fällt schon mal weg, das kennen wir ja schon und Arbeit gab es in diesen Breiten offensichtlich ja nicht, zweiteres ist auch blöd, da Ben wahrscheinlich irgendwo im Straßengraben steht und den Daumen raushält, außerdem kommt in diese Richtung erstmal Nichts. Ein großes, australisches Nichts. Und wenn ich schreibe Nichts, dann meine ich das auch so. Da ist dann eine Straße und, na ja, das war’s auch schon. In Richtung Norden kommt zuerst eine kleine Stadt namens Coolgardie, dann kommt noch Kalgroorlie und das war’s dann auch schon. Wir entscheiden uns für dritteres, auf in den Norden. Wird schon schief gehen. Coolgardie ist eine echte Geisterstadt, hier gibt es noch nicht mal einen Bäcker. Coolgardie war mal eine Goldgräberstadt, seitdem die Goldvorräte ausgeschöpft sind ist da noch nicht mals mehr er Hund begraben. Also reisen wir weiter nach Kalgoorlie. Kalgoorlie ist ebenfalls eine Goldgräberstadt, allerdings um einiges größer, da findet man eher Arbeit haben wir uns sagen lassen. Ben hat uns zwar vor den Aboriginies gewarnt, aber wir sind ja nicht so ängstlich. Wird halt schon schief gehen.
Angekommen in Kalgoorlie ist es bereits dunkel und so suchen wir uns ein Quartier in Form eines 24- Stunden Parkplatzes und rasten erstmal.

21.9.2012

Wir stehen früh auf und gehen auf Jobsuche, kann ja nicht so schwer sein. Kalgroorlie ist um einiges größer als Coolgardie und die Informationstante gibt uns 25 Adressen die wir abfahren können. Die Adressen sind Leiharbeitsfirmen. Leiharbeit. Na toll, ich bin zurück! Sieben Monate Leiharbeit um mir Australien leisten zu können und nun geht das von vorne los. Ich sehe mich jetzt schon in irgendwelchen blöden Goldmienen rumkriechen um ein paar Goldnuggets zu finden.
Wir verbringen den Tag damit sämtliche Firmen abzuklappern und sämtliche Formulare über Leben, Tod, Alter, Familie, Führerscheine, Auto, Krankheiten oder sonst was auszufüllen. Gegen späten Nachmittag fahren wir auf den nah gelegenen Campingplatz, der sogar Umsonst ist. Ben hat uns ja schließlich gelehrt, dass man in Australien für’s Campen nicht zu bezahlen muss. Der Campingplatz ist am Lake Douglas und besteht eigentlich mehr aus „Platz“ als „Camping“. Man kann halt da Campen, mit einem Campingplatz wie man sich ihn vorstellt hat das allerdings nichts zu tun. Wir finden es sehr schön und bauen unser Lager direkt am Wasser auf.
Was echt komisch war: Gegen sieben waren wir fertig mit Essen usw. Und dann? Was macht man dann? Es ist total dunkel, man sieht die Hand vor Augen kaum, was soll man dann schon noch groß tun? Marius gähnt kurz und beschließt schlafen zu gehen, ich lese noch ein Buch aus und mache auch um neun die Augen zu.

22.9.2012

Samstag, wir beschließen den Waschtag 24 Stunden vorzuziehen und in die Stadt zu fahren. Außerdem bemühen wir uns weiterhin um einen Job. Irgendwie sind alle in der Stadt total komisch angezogen, alle tragen Anzüge und tolle Kleider, wir fragen uns ob wir irgendwas verpasst haben? Es ist ein Pferderennen und deswegen putzen sich alle raus wie Weihnachten. Wir spielen mit dem Gedanken hin zu gehen, allerdings interessieren uns Pferderennen wie Stockbrot, also gar nicht und außerdem haben wir noch Wäsche im Auto die es aufzuhängen gilt und bevor wir wieder in irgendwelche blöden Wetten rein gezogen werden oder andere Chosen beschließen wir uns lieber einen Goon zu kaufen um morgen auf Kopfschmerzen zu hoffen. Außerdem fallen uns die Aboriginies auf. Aboriginies sind echt ein komisches Volk, sie sind schwarz und haben alle total platte Gesichter. Wie ein Kuchen. Alle tragen einen Bart, unabhängig vom Geschlecht. Und sie lungern. Die lungern echt nur rum! Vor dem Supermarkt sieht man mal ein Grüppchen, dann vor der Sparkasse, vor der Polizei, Kfc, Mecces, Tanke..Die lungern einfach nur rum! Wie kann man soviel lungern? Marius und ich geben ihnen den Spitznamen „Lungerer“ und versuchen nicht weiter mit ihnen in Kontakt zu treten. Ich kann das nicht verstehen. Wieso machen die das? Wie ist das bei denen?

„Hmm, was machen wir heute?

„Komm wir lungern vor’m Supermarkt rum!“

„Geile Idee, da war ich schon lang nicht mehr!“

Wir haben die noch nie IM Supermarkt getroffen, VOR dem Laden sitzen sie in Rudeln.
Der Abend ist klasse, wir telefonieren mit der Heimat und bleiben so sogar bis 23h auf.

23.9.2012

Der Abend war klasse, mein Kopf kann es bestätigen. Ich suche verblüfft den Güterzug der offenbar des Nachts über meinen Schädel gefahren ist und beschließe den Goon vorerst an den Nagel zu hängen. Auch Marius ist nicht wirklich bester Dinge, na ja, immerhin war der Abend geil und wir waren nicht um neun im Bett.
Tagsüber sortieren wir den ganzen Krempel und beschließen unser Zelt für einen dauerhaften Aufenthalt zu rüsten, d.h. Vordach aufbauen, Küche aufbauen usw. Abends gehen wir wieder früh in die Koje, wir wollen uns morgen wieder auf Jobsuche begeben.

24.9.2012

Wir werden von der Sonne geweckt. „Ist schon neun durch?“. Mensch, wir haben uns echt verändert. Seitdem wir auf die Sonne angewiesen sind was das Licht betrifft, leben wir irgendwie auch so. Völlig neu für mich, normalerweise ist bei uns genau das Gegenteil der Fall gewesen. Wir wachen tatsächlich gegen acht Uhr auf und sind bereit in die Stadt zu fahren. Wir müssen eine unserer Gasflaschen auffüllen und auch die Wassertanks, die Jobsuche war bis jetzt nicht wirklich erfolgreich und so haben wir genug zu tun.
Zuerst wollen wir die Gasflasche nachfüllen, die Tante aus dem Gasladen erklärt, das sei nicht möglich, weil unsere Gasflasche seit 16 Jahren nicht mehr ausgecheckt wurde und man müsse die alle zehn Jahre auschecken lassen. Tolle Wurst. Sie sagt uns aber wer unser Mann hierfür ist. Er hat sein Geschäft außerhalb der Stadt und ist augenscheinlich schwul. Er ist völlig außer sich dass unsere Flasche solange nicht mehr ausgecheckt wurde. Wir erklären ihm, dass er doch genau dies tun sollte, er sagt, dass er nur vier Liter Flaschen und größer testet, unsere ist eine drei Liter Flasche, damit will er nichts zu tun haben. Schräger Vogel. Und diese Gestik..Herrlich. Er weiß allerdings auch wer unser Mann für diesen Zweck ist. Er erklärt, er habe sein Geschäft in einem „big blue house“ an der nächsten Straßenkreuzung, während er mit Armen und Beinen ein großes, blaues Haus über seinem Kopf formt. Wunderbar, aus einmal Gasflasche auffüllen wird eine Sightseeing Tour durch Kalgoorlie, die Stadt kennen wir doch schon. Ätzend. Der Kerl im großen, blauen Haus erklärt, dass wir unsere Gasflasche nur in Perth auschecken lassen können. Na toll. Wir lassen uns von ihm eine neue anschwatzen und hoffen, dass das mit den Wasserkanister auffüllen einfacher geht. War es auch.
Weiter geht es mit der Jobsuche. Gar nicht mal so einfach, gegen Abend haben wir sämtliche Leiharbeitsfirmen abgeklappert( es gibt über 20 hier) und auch in Fastfood Ketten oder Tankstellen nach Jobs gefragt. Viele wollen sich melden, keiner kann jedoch versprechen, dass er tatsächlich Arbeit für uns hat. Wir fahren gegen Nachmittag nach Hause, da hier sowieso nach fünf Uhr alles bis auf Supermarkt, Tankstellen Restaurants und Pubs geschlossen hat.
Da wir wahrscheinlich länger hier bleiben wollen, beschließen wir, unser kleines Heim etwas heimischer zu machen, indem wir einer Feuerstelle ausgraben. Ein Multifunktionshammer dient als Spaten und so bauen wir uns in kurzer Zeit eine ansehnliche Feuerstelle. Womit wir allerdings nicht gerechnet hatten ist das Holz. Nicht dass es hier nicht viel Holz gibt, aber die Brennqualität ist für die Katz. Alle zwei Minuten darf man hier einen neuen, riesigen Holzklotz nachlegen, mit den guten deutschen Eichen wäre so was nicht passiertl

25.9.2012

Marius weckt mich gegen neun mit den Worten „Na Steffen? Gestern zu lange gezecht? Nur wieder Pachty, Pachty, Pachty, Jubheidi& Jubheido im Kopf! Schlimm mit dir! Jung, wir suchen Arbeit! Nur weil wir Arbeitslos sind brauchst du jetzt nicht den faulen Hännes raushängen zu lassen und auf der Couch leben!“
Na toll, viel schlimmer kann so ein Tag echt nicht beginnen.
Wir fahren in die Stadt und fragen echt überall nach einem Jobangebot nach. Pubs, Tankstellen, Supermärkten, Ramschläden, Fastfood Ketten, Bars, wir fragen einfach jeden. Einige wirken zuversichtlich, manche brauchen eine Küchenhilfe, manche einen Barkeeper(damit kennen wir uns zum Glück ja aus) in Getränkemärkten wird jemand zum Kisten tragen benötigt. Für alles, was mit Alkohol zu tun hat brauch man jedoch erst mal einen Schein, den man im Internet machen kann. Außerdem ist es gerade auch für Marius schwer, die Leute zu verstehen. Ich mein, ich red ja schon einigermaßen fließend Englisch, aber der Akzent, den sich die Australier sich angeeignet haben ist auch für mich völlig Neuland. Die Leute ab 30 ca. reden verständlich, aber die jüngeren, genau wie Ben, sind echt schwer zu verstehen. Jeder Satz endet mit einem „aaay“. Wenn etwas gut ist, sagt man“ That’s goodaaaay“. Manchmal kommt das „aaay“ auch mitten im Satz, ich hab’ schon mal versucht irgendwelche Regelmäßigkeiten darin zu finden, Ben hat mir schließlich erklärt, dass es einfach eine Art Slang ist. Ein schwer verständlicher Slang.

26.9.2012

Wir machen das Gleiche wie die vorherigen Tage, rum fahren, jeden nach einem Job fragen und, was wir vorher auch schon öfters mal gemacht haben, beim Harvest Guide anrufen. Der Harvest Guide ist sehr empfehlenswert für jeden Backpaker in Australien. Darin steht welche Frucht wann und wo reif wird. Danach kann man seine Reise so ungefähr planen falls man auf Jobsuche ist. Beim Harvest Guide kann man auch anrufen und nach Jobs fragen. Häufig haben die einen Job. Nicht in Kalgoorlie, Kalgoorlie ist nichtsmals mit etwas Nennenswerten aufgeführt. Allerdings gebe es in Perth einen Job, sie vermittelt mir Ort und Telefonnummer, ich ruf an. Der Kerl ist sehr freundlich und sagt, dass er ab nächster Woche sehr viel zu tun habe. Wir sollten ihn am Dinstag noch mal anrufen, diese Woche habe er selber noch sehr viel zu tun und habe deswegen keine Zeit irgendjemanden anzulernen. Das klingt doch vernünftig. Perth ist ca. 600 Km von hier aber bei den 1000senden Kilometern die wir hier noch fahren werden stört uns das auch nicht. Ich werde ihn Freitag anrufen und fragen, wann ich anfangen kann.
Ansonsten beschränken sich unsere heutigen Erlebnisse auf ein paar Aboriginies die beim Klauen erwischt wurden und anschließend die zwei Kassiererinnen, die versucht haben, sie zu verfolgen, mit verschränkten Armen vor der Brust zurück in den Supermarkt gedrängt haben. Was sollen die zwei Kassiererinnen auch machen? Stärker sind sie nicht, die Pfannkuchenköppe, wie Marius sie heute getauft hat, sehen alle ziemlich gleich aus und bis die Polizei da ist sind diese sowieso über alle Berge. Die sind echt ätzend. Ständig quatschen die uns oder generell jeden von der Seite an und wollen irgendwas, Zigaretten, Geld, Sonstwas. Alle Australier mit denen wir geredet haben, haben die Schnauze voll von denen. Ich kann’s verstehen, wer nur lungert, klaut und Leute blöd anmacht ist bestimmt nirgendwo gern gesehen. Anderseits kann ich die Aboriginies auch verstehen, sie sind schließlich die Ureinwohner von Australien, der böse, weiße Mann hat ihnen ihre Heimat weggenommen. Aber sie könnten sich doch wenigstens anpassen und versuchen Arbeit zu finden, aufhören zu lungern oder generell einfach mal irgendwas anfangen.

27.9.2012

Wir fahren wieder recht früh in die Stadt um uns nach Arbeit umzusehen. Langsam sind wir beide echt genervt von der Arbeitslosigkeit. In einer Bar hatte man uns einen Job zugesagt und heute heißt es, dass es doch schon neue Leiharbeiter gebe. Die hätten uns wenigstens absagen können oder auch nur in irgendeiner Form einen Laut von sich geben können. Ich habe mittlerweile über 30 Lebensläufe in der Stadt verteilt, alle sagten, es sehe gut aus und hassenichgesehn, beim zweiten Mal nachfragen ist entweder niemand da der zuständig ist, oder es gibt schon neue Leiharbeiter. Ich habe nicht eine Absage auf dem Handy oder im E-Mail Postkasten.

28.9.2012

Marius und ich beschließen John, den Typen aus Perth, noch mal anzurufen. John scheint echt cool zu sein, beim ersten Telefonat hat er gefragt, wo Marius und ich herkommen und hat anschließend erklärt, dass er deutsches Bier sehr gerne mag. Außerdem findet er die Tatsache, dass wir aus Kalgoorlie angereist kommen für den Job spaßig. Er sagt, ich solle ihn Dienstag in der Früh anrufen um auch am gleichen Tag mit der Arbeit beginnen zu können. Stark! Mein erster Job in Australien! Ich weiß, dass es irgendwas mit Industrie ist, was nu genau, seh’ ich dann schon. Er könne auch bald noch einen zweiten Mann gebrauchen heißt es. Wunderbar.
Marius und ich haben in der letzten Zeit echt angefangen sparsam zu leben. Auch mal eine neue Erfahrung für uns. Immer um Supermarkt drauf zu achten, dass man nur „down, down, down!“-Produkte in den Wagen legt und ebenfalls aufzupassen, dass der Andere keine „Up, up, up!“-Markenprodukte kauft. Außerdem: in der Masse ist es billiger! Von unserem Ketchupvorrat könnten wir jede Menge gut gelaunte Grillpartygäste ernähren, allerdings haben wir noch nichts gefunden, was zum Ketchup dazu passt. Unser Nudelvorrat ist so gingantisch, wir könnten problemlos ein halbes Jahr lang Nudeln essen. Tun wir aber nicht, wir können ja jetzt schon keine Nudeln mehr sehen. Aber immer wenn ich etwas Teureres kaufen möchte haut der Marius mir auf die Finger und meint dann so was wie:„Nix da Paprika! Die kostet wieder teuer Geld! Außerdem gibt’s die nebenan im Woolworth fast für die Hälfte!“
Gegen Abend beschließen wir zwar weiterhin sparsam zu sein, jedoch nicht gleich mit dem Leben aufzuhören. Wir haben ja schließlich einen Job, also kaufen wir uns einen
Goon und machen ein schönes Lagerfeuer. Anschließend Skypen wir mit ein paar Leuten aus der Heimat und werden so auch über den neuesten Klatsch und Tratsch aufgeklärt. Echt klasse, wir sind hier echt schrecklich weit weg, bekommen jedoch trotzdem alles mit.

29.9.2012

Wir verbringen den lieben, langen Tag damit unser Zelt usw. zusammenzubauen, da wir vorhaben, morgen recht früh Richtung Perth aufzubrechen. Echt ätzend sind die Fliegen, die hier so rumfliegen. Insbesondere in den Morgenstunden lassen die uns echt nicht in Ruhe, also nicht nur heute, generell in Kalgoorlie sind diese Viecher total penetrant. Wenn einen in Deutschland mal eine Fliege nervt haut man sie tot, sagt „so, dat hasse nu davon!“ und die Sache ist gegessen oder eher gesagt gestorben. Hier sind einfach mal so richtig viele fliegende Fliegen. Die Krabbeln im Gesicht rum und irgendwie einfach überall. Total schlimm.

30.9.2012

Morgens gegen acht klingelt mein Wecker was dazu führt, dass ich ihn genervt aus dem Fenster werfe. Echt praktisch so ein Schlafplatz im Auto. Ich brauch einfach nur die Tür zu öffnen und schon hab ich frische Luft am Bett, früher musste ich dafür immer aufstehen. Ätzend ist nur, wenn man sich Nachts mal dreht und plötzlich so’n blöden Anschnaller zwischen den Rippchen hat. Das passiert Zuhause natürlich nicht. Dafür hat man Zuhause nicht den Komfort, dass ein großer Koffer mit allen wichtigen Krempel neben sich schläft.

Aber wozu vergleiche ich ständig mein neues Haus in Form eines Autos mit meinem alten Zuhause? Ich bin jetzt hier im Down Under und sollte mich lieber darauf konzentrieren, dass ich nicht untergehe.
Gegen 12 Uhr sind wir auch schon abfahrtsbereit und sitzen im Auto, das Navi sagt „in 570Km links abbiegen“, jo, alles klar. Eigentlich schade, unser Platz war abgesehen von den ganzen Fliegen wunderbar, Feuerstelle, Wald, Baum, See, Ruhe, noch mehr Bäume.. eigentlich viel zu schön um von hier wegzugehen, aber was tut man nicht alles für einen Job, auf nach Perth. Ach ja, nervig waren bei unserem Platz auch noch die Motocross Fahrer, die jeden Sonntag mit Quadts, Mopeds und irgendwelchen anderen Gefährten den Platz vewüstet haben. Ab acht Uhr in der Früh sind die die ganze Zeit ums Zelt um die Wette gefahren. Marius behauptet zwar, dass er sich jedes mal gefreut hat, wenn einer mit einem Motorrad gekommen ist, aber das war sicherlich nicht ernst gemeint.
Wir kommen so gegen acht Uhr in Perth an und beschließen einfach irgendwo zu übernachten, irgendein Parkplatz oder sonst was, die Campingplätze haben eh schon alle geschlossen und jetzt noch irgendwas zu suchen erscheint und als zu viel Stress, Perth ist einfach nur riesig, eine Großstadt in der alle Leute auf der falschen Straßenseite fahren und dann auch noch mit Anhänger usw.. Wir übernachten auf einem Parkplatz auf dem man Tagsüber vier Stunden parken darf.

1.10.2012

Wir werden davon geweckt, dass irgendwer mit seinem Jetski durch die Gegend fährt. Dass unser Parkplatz am Meer gelegen ist, war uns nicht neu, dass hier offenbar die Jetski Heimat ist aber schon. Wer geht denn schon um acht Uhr morgens Jetski fahren?
Wir gehen erst mal frühstücken um uns die Chose noch mal durch den Kopf gehen zu lassen. Wir kommen gegen Mittag zurück und offenbar hat jeder zweite Bewohner von Perth ein Jetski im Keller, alles ist voll mit Jetskis und der Parkplatz ist bis auf den letzten Platz zugeparkt. Der Strand ist voller Jetskifahrer/innen und Zelte. Wir kramen unsere Handtücher raus, gesellen uns dazu und beschließen noch eine Nacht zu bleiben. Den Tag verbringen wir am Strand, echt warm hier. Wir werden beide an dem einen Tag schon braun wie ein Bär.
Ist zwar schon etwas komisch auf einem Parkplatz zu leben, Marius auf dem Vordersitz und ich hinten in der Koje, aber wir sind ja auch hier um ein paar Lebenserfahrungen zu machen

2.10.2012

Heute haben wir einen Termin beim künftigen Arbeitgeber. John wirkte am Telefon sehr nett, bin mal gespannt wie der Typ sonst so ist.
Der Parkplatz ist zugewachsen mit irgendwelchen grasförmigen Gräsern und John ist ein echt schräger Vogel. Er verkauft Sachen die offenbar sich schmuckhaft im Garten machen sollen. Allerdings ein recht fragwürdiges Sortiment, wie wir finden. Als erstes sollen wir seinen Garten neu renovieren, juhu, wir werden Gärtner! Montag können wir anfangen.
Dann kommt endlich unsere Arbeitskleidung mal ins Spiel, Marius hat sich in einem Second Hand Shop eine Hose gekauft, die irgendwie ein bisschen viel Schlag hat. Er erinnert mich damit mehr an einen Hippster aus der Diskozeit, immer wenn er die Hose anhat ruft er „Let’s Disko!“ bevor wir irgendwo hingehen.
John tauft uns in Peter und Paul um, da er sich Marius nicht merken kann. Finden wir gut, wir hatten ihn sowieso insgeheim schon in Bill umgetauft.
Leider gibt es keinen tollen Campingplatz in Bills nähe, wir finden einen in ca. 25 Km Entfernung. Wir beschließen, erstmal zu bleiben.
Wir sind beide auf unseren ersten Arbeitstag nächste Woche gespannt.

Samstag, 22. September 2012

Campen, reisen, Ben.

Ich habe schon länger nichts mehr Online gestellt, ist auch echt viel passiert in den letzten Tagen! Campen, Ben, reisen..

11.9.2012

Schon wieder früh aufstehen- Termin beim Mechaniker. Er begrüßt und mit einem lauten Rülpser und erklärt, dass er Red Bull lieber frühstückt als Kaffee. Wir riechen es. Eine Servo konnte er in der Umgebung nicht organisieren, aber er könne in Perth anrufen. Ich sag ihm, dass er das dann auch tun soll, er tut’s auch. Super, die Servo ist günstiger als gedacht, für schlappe 520 $ kann er das Teil organisieren. Er fragt, ob ich bereit bin, meinen Schlafplatz über Nacht in der Werkstatt zu lassen. Ich weise ihn auf der Bettzeug in den hinteren Reihen hin und er sieht ein, dass das etwas komplizierter werden könnte. Wir machen für morgen einen Termin.

Tagsüber melden wir erst mal den Trailer an. Ich war gefühlte 50 mal in dem Shire Office um mir irgendwelche blöden Papiere zu holen, die Angestellten kannten mittlerweile sogar meinen Namen. Auto ist angemeldet, Trailer auch, das war’s! Marius wirft seine Kappe vor dem Office und die Luft und fühlt sich wie nach einem Schulabschluss. Auch ich kann es kaum glauben, endlich.
Die Welt ist echt klein. Sehr klein. Wir haben in Sydney Leute aus Köln kennen gelernt, die wir hier tatsächlich wieder treffen. Allein schon die Tatsache, dass wir in Sydney Leute aus Dabringhausen getroffen haben ist unglaublich.
Meine Steuernummer ist immer noch nicht da, die Versicherung lässt auch mit ihrer Bestätitungsmail auf sich warten. Nachdem ich 26 Minuten in einer Warteschleife verbracht habe erfahre ich nichts Neues. Status ist bei beiden auf „ currently in progress“ gesetzt und sollte dementsprechend diese Woche ankommen.
Zurück am Campingplatz, wir beschließen das gleiche Angebot wie letztes mal zu nehmen, wenn man drei Tage bleibt geht der vierte aufs Haus. Tolles Angebot, da wir Zeit haben, beschließen wir, genau wie beim letzten Mal, sechs Nächte zu bleiben und so gleich zwei Gratisnächte abzustauben. Der mieß gelaunte Campingplatzbewacher berechnet mir sieben Nächte und behauptet, das sei richtig so. Ich war sowieso schon total genervt und spiel kurz mit dem Gedanken, ihn in die Sache mit dem Zahlenstrahl und dem „Finger an der Hand Abzählsystem“ einzuweihen. Schlussendlich entscheide ich mich dafür, ihn einfach nur zu fragen wieso das letztes Mal geklappt hat und dieses mal nicht. Er behauptet das könne alles nicht sein und lacht herzlich. Komischer Typ, ich sag, dass mir unter diesen Umständen vier Nächte durchaus reichen. Da hat’er ‚n langes Gesicht gemacht!

12.9.2012

Ich werd vom lauten Summen des Handys geweckt, das kann schon mal nichts gutes heißen. 1.), wer hat den blöden langen Klingelton für eine blöde Sms eingestellt und 2.) wer weckt mich um dies unchristliche Zeit? Nicole war’s, sie hat Post für mich! Juhu, da hat sich das frühe Aufstehen ja doch gelohnt! Wahrscheinlich ist’s eh nur ein Werbeblättchen, das ich in weiser Vorraussicht im Supermarkt beantragt hab, wir treffen uns trotzdem mit ihr. Tax File Number und der Krempel von der Versicherung sind da, das glaub ich mir grad selber nicht! Endlich, nach vier Wochen warten kommt diese blöde **’Ä“$)* Nummer an! Das feiern wir mit einem Bierchen im Pub, haben wir uns ja auch verdient. Blöde Warterei. Im besagten Pub lernen wir einen australischen Packpacker kennen, der seit zehn Jahten selbstständig und unabhängig durch Australien reist, er heißt Dion. Wir nennen ihn Ben. Echt ein schräger Vogel! Er wohnt in Margaret River. Finden wir komisch, als Backpacker ein eigens Haus mit Garten? Ist nur vorrübergehend, ist nicht sein Haus, das Haus sah leer aus und ein Fenster stand offen, das ist momentan seine Heimat. Er ist komplett ohne Auto drei Mal komplett rund um Australien gereist, als Anhalter. In Alice Springs war er auch schon mehrere Male.


14.9.2012

Wir stehen wieder früh auf, das war zwar nicht beabsichtigt, aber wenn die Sonne so toll scheint wacht man halt schon mal früher auf! Wir freuen uns, scheint ja endlich mal bergauf zu gehen hier mit uns, tolles Wetter lädt zum Spazierengehen ein und wir haben alles für Bouritos zum Abendessen vorbereitet, der Tag kann nur geil werden. Aber irgendwie hat der Trailer Seitenwind, schräglage. Ein Reifen ist platt. Hmm, waren die Reifen nicht das, was der Tüv vor ca. drei Tagen ausgetauscht hat? Jebb, Reklamation! Also doch nicht spazieren, erst mal in die Stadt den Tüv aufsuchen. Dieser ist bester Dinge und gibt uns einen neuen Reifen für Umsonst, korrekt.
In der Stadt treffen wir Ben, unseren Backpacker Freund wieder. Wir unterhalten uns und beschließen ein bisschen rumzufahren, er kennt sich gut hier in der Umgebung aus. Aus „ein bisschen rumfahren“ wird ein Tagestrip durch Wa, Western Australia. In Wa gibt es echt traumhaft schöne Landschaften, wir haben schöne Fotos gemacht. Der Typ kennt echt Straßen, Puh, mit jedem normalen Auto wären wir stecken geblieben. Das war echt mal was ganz neues, komplett Querfeldein irgendwelche steilen Wiesen hoch, Straßen hoch und runter, die in Deutschland vielleicht noch in irgendwelchen Wäldern existieren. Ohne Allrad wären wir echt aufgeschmissen. Abends organisiert er noch eine Flasche Johnny Walker und wir lassen den Abend ausklingen.

15.9.2012

Abreisetag, Ben ist pünktlich gegen neun Uhr parat und hilft uns unsere Sachen zu packen. So langsam wird uns der Junge unheimlich, wer hilft denn schon freiwillig einen blöden Trailer zusammen zu rollen oder irgendwelchen Müll einzusammeln? Ben! Der Typ hat’s echt raus, der weiß sogar wie man einen Trailer zusammenfaltet, ohne dass ein riesiges Knäuel entsteht. Der hat unseren Krempel so Platz sparend gepackt, dass wir auf einmal viel mehr Stauraum haben. Oder fehlt hier einfach nur die Hälfte und Ben ist kriminell? Wir sind auf jeden Fall sehr vorsichtig, der Beifahrer hat stets zwei Laptops, zwei Kameras und alles andere was Wert haben könnte im Fußraum, wenn wir ihn ein Stück mitnehmen.
Ben ist echt ein verrückter Typ. So etwas haben Marius und ich noch nie erlebt. Allein schon wie der sein Geld verdient ist unglaublich. Er hat mehrere Methoden:
1.) Er kauft einen alten Wohnwagen, päppelt das Teil auf und verkauft ihn anschließend für hohe Preise auf Ebay
2.) Er hilft irgendwo als Metzger, Schreiner, Schuster, Schaffner, Mechaniker, Jäger, Sammler, Baumfäller oder Touristenführer aus. Und letzteres macht er echt gut, der kennt jeden Winkel von Australien wie es scheint.
3.) Er hat sich ein paar Schafe von einer benachbarten Wiese geklaut und sie im Wald angebunden. Anschließend hat er bloß gewartet bis den Wolleproppen ein Fell über die Ohren gewachsen ist, das er dann geschoren und weiterverkauft hat. Das mache er allerdings nur im Notfall. Für den absoluten Notfall weiß er sogar wie man ein Schaf ausnimmt.

Ben hat uns gefragt, ob er noch ein paar Kilometer mit uns reisen kann. Marius und ich sind zwar total misstrauisch, aber, warum nicht. Er kennt sich ja hier aus. Außerdem habe ich ihn gestern mal nach Namen und Adresse gefragt und heute um einen Lichtbildausweis gebeten, alles stimmte überrein. Wir glauben nicht, dass er uns etwas klauen will, wenn er dies gewollt hätte, hätte er es längst getan. Wir haben ihn schon mit 50$ einkaufen geschickt, er kam brav mit Wechselgeld, Einkäufen und Kassenbeleg zurück. Beim Aufräumen hat er Mariuss MP3 Player gefunden und ihn ebenfalls brav ausgehändigt. Solang er nicht vorhat uns komplett auszunehmen sollte eigentlich keine Gefahr mehr bestehen.
Wir nehmen ihn also mit. Als erstes läd er uns zum Frühstück in „seine Wohnung“ ein. Die Bude ist komplett leer geräumt, ein Herd und eine Matratze sind seine einzigen Besitztümer bzw. die vom Vorbesitzer. Er erklärt, dass die Stadtwerke vergessen hätten den Strom abzustellen und dass die Gasflaschen mehr oder weniger leer seien, das Haus werde bald abgerissen.
Nachdem wir ordentlich gefrühstückt haben geht es wieder nach Margaret River, er möchte uns einen Campingplatz zeigen auf dem man umsonst Campen darf. Echt ein sehr schönes Plätzchen, wunderschön gelegen, jeder Platz hat eine eigene Feuerstelle und Wassertanks sowieso Bbq-Plätze gibt es auch. Wir bleiben! Wielange? Länger. Eigentlich kostet eine Übernachtung 7$, unser Ben kennt allerdings den Besitzer, der gerade übrigens nicht da ist. Er sagt, dass wir aber nicht zahlen brauchen, wenn wir Lust haben, könnten wir ihm ein paar Bier vor die Tür stellen, dann sei der Kerl schon glücklich. Der Park ist in einem Nationalpark, d.h. dieser Abschnitt der Natur wurde seit sehr langer Zeit nicht mehr wirklich berührt. Finanziert und gereinigt wird der Park vom Government, der Besitzer bekommt lediglich 200$ pro Woche dafür, dass er ab und zu mal prüft ob der Park in Ordnung ist. Vor der Rezeption hängt ein Schild, dass man sich selbst registrieren soll und das Geld, wie viel auch immer, soll man einfach in den Briefkasten stecken.
Tagsüber möchte er uns Busselton zeigen, auch eine sehr schöne Stadt. Es gibt einen Steg, der zwei Kilometer ins Meer führt und so kann man sich da Wasser auch von da anschauen. Die Stadt ist sehr schön hergerichtet, wir beschließen uns noch mal ‚n kleines Goonchen zu gönnen um zu prüfen ob unser Rucksacktourist auch was verträgt. Er spendiert noch eine Flasche Rotweingemischtmitwhatever und beschließt, es könne losgehen. Marius und ich finden den Kerl immer noch merkwürdig, er läuft einfach in jeden Laden rein und fragt nach Arbeit, und das Barfuß. Er kauft noch jede Menge Grillfleisch und beschließt, dass wir grillen. Coole Idee, aber wir der grillt, das hat man hier auch noch nicht gesehen. Unglaublich, mit den Mitteln die wir haben würden Marius und ich wahrscheinlich noch nicht mal ‚n vernünftiges Feuer hinbekommen, der Kerl mariniert sämtliche Sachen, kocht Braten mit Hilfe von lediglich Fleisch, Alufolie, Öl und drei Gewürzen. Er grillt uns Currygeschnetzeltes und belegt uns Sandwiches. Ey, Hallo? Der belegt uns Sandwiches! Auf einem Grillabend. Marius fragt ihn, ob er ihn „Mama“ rufen darf. Er bejaht, ich bleibe vorerst bei Ben. Nachdem er dann angefangen hat uns Cocktails zu mischen mit irgendwelchen Getränken, von denen Marius und ich noch nie etwas gehört haben war es echt vorbei. Marius nimmt ihn herzlich ihn den Arm, zieht ihn schließlich an seinem Arm zu mir und fragt ob wir ihn behalten könnten. Hmm, eigentlich spricht so direkt nichts dagegen. Er kennt sich aus, weiß wie man Arbeit bekommt, kann gut kochen, ist ‚n taffer Naturbursche der wahrscheinlich sogar in einer Wüste ein paar Jahre leben würde wenn er müsste und wirklich arm scheint er auch nicht zu sein. Er behauptet, dass es in Adelaide viel mehr Arbeit geben würde, das ist allerdings 2000Km von hier. Ben ist letztens von Darwin nach Perth getrampt, das sind mal eben 4000Kilometer. Hat ca. vier Wochen gedauert.
Da er uns nicht belästigen will beschließt er sein eigenes Zelt aufzubauen, das nur aus zwei Planen, zwei Stangen und ein paar Schnüren besteht. Mein Zelt mit diesen Mitteln würde dann ungefähr so aussehen

P l a n e
Steffen mit Schnüren als Kissen
P l a n e
B o d e n

Also ich zwischen zwei Planen mit Schnüren als Kissen, Ben jedoch kram noch schnell einen Schlafsack aus seinem Turnbeutel und zimmert sein Zelt in zwei Minuten hoch, das verblüffenederweise steht wie eine Eins, und das im Dunkeln ohne Licht.
Wir beschließen ihn vorerst zu behalten, wie wir es aus Ironie nennen.
Am Abend stellt er unter Beweis, dass er gerne Mal auf seinen Wanderungen für ein Säckchen Goon zu begeistern ist, geht aber vor Marius und mir in seine Mulde.

15.9.2012

Ich werde als erstes wach und kann den ganzen Krempel immer noch nicht glauben. Er macht uns Sandwiches. Er kocht wie ne Tv-Mama. Er ist der größte Draufgänger überhaupt, er hat mir gestern Fotos von seinem zweijährigen Sohn gezeigt. Der kümmert sich um alles für uns, wirklich alles. Der weiß alles. Langsam glaube ich, dass der Kerl bloß eine Illusion ist, dass Marius uns die ganze Zeit nur eingebildet haben, dass uns einer hilft und in Wirklichkeit sind Marius und ich einfach irgendwie auf einmal total schlau. So einen Typen kann es doch gar nicht geben!
Während Marius sich noch im Tiefschlaf befindet und ich versuche dem Braten namens Ben Glauben zu schenken steht dieser bereits auf um Kaffee zu kochen, den er uns wie selbstverständlich ans Bett bringt. Dafür hat er lediglich ein kleines Feuer gemacht und darauf Wasser erhitzt. Instantkaffee macht’s möglich! Zum Frühstück gibt es wieder Sandwiches, richtig lecker! Tagsüber versuchen wir einen Job zu finden in Margaret River, wie er vorhergesagt hat, wird das schwieriger als erhofft, die Weinfarmen haben für die nächsten vier Wochen keinen Job mehr. Wir versuchen es auch an mehreren Baustellen, keine Chance.
Unser Arbeiterbuch, das wir haben bestätigt, dass es in Richtung Adelaide tatsächlich höhere Chancen auf ein gutes Jobangebot gibt.

17.9.2012

Gestern haben wir nichts besonderes gemacht, Ben hat uns noch ein bisschen rumgeführt und traumhafte Strände gezeigt, ansonsten haben wir eigentlich nur den Tag über gefaulenzt und ‚ne ruhige Kugel geschoben. Ben hat natürlich wieder drei Mahlzeiten zubereitet, schon wieder Sandwiches. Also so langsam könnte er seiner Kunst mal ein bisschen mehr freien Lauf lassen! Jeden Tag Sandwiches.. Und der Kaffee kommt auch immer früher. Unseren Humor haben Marius und ich immer noch nicht verloren, ich frage mich auch ernsthaft warum. Na ja, zum Glück spricht Ben kein Deutsch und kann unsere ironsichen Sprüche à la „kein Kaffee vor neun“ oder „du weißt doch genau, dass ich mein Brot alphabetisch belegt haben möchte: Toast, Ketchup Braten, , nicht Toast, , Braten, Ketchup!!!“ nicht verstehen. Sonst wäre er sicherlich angefressen, aber wir meinen das ja nicht ernst.
Mittags, gleich nach dem Mittagessen, ruft er seine Tante an und macht uns einen Job in Morgan bei Adelaide klar. Das sind zwar knapp 3000 Km, er will das Spritgeld mit uns teilen, sprich ca. 300$ pro Partei. Klingt echt verlockend, wir finden hier echt schwierig Arbeit, haben einen kochenden Superheld dabei und werden unterm Strich sogar noch dafür bezahlt. Wir sagen ihm, dass wir noch eine Nacht drüber schlafen wollen und uns dann entscheiden wollen.
Zum Abendessen kocht Ben wieder Braten, dieses Mal mit Terriyaki-Kartoffeln und eingelegten Gemüse, Yeah!

18.9.2012

Marius und ich beschließen mit Ben zu reisen. Er kennt sich aus, weiß wo es am schönsten ist, teilt das Spritgeld mit uns, kocht, wäscht ab, organisiert uns einen Job, was will man mehr. Bevor wir abreisen will Ben noch schnell bei seiner Cousine vorbei. Seine Cousine trägt recht gelassen den Pennerlook und sieht irgendwie total drauf aus. Nach dem Händeschütteln geht’s für Marius und mich sofort zum Hände waschen! Sie sieht echt fertig aus, sie gibt ihm irgendwas und wir reisen los. Nach ca. zwei Stunden kramt Ben einen Johnny Walker aus seinem Ranzen und ruft cheers! Marius und ich wollen jedoch fahrtüchtig bleiben und verzichten, Ben scheint echt in Urlaubsstimmung zu sein. Er gönnt sich ordentlich was aus dem Johnny Walker und ist seit dem wie verwandelt: Er schnauzt uns nur noch an, meckert die ganze Zeit, will selber fahren weil er meint, dass wir zu langsam seien, jede Tankpause wird als Sinnlos erachtet.. Er kann nicht verstehen, warum wir nicht trinken UND fahren wollen. Er erklärt, sein Vater mache das so, seine Mutter, seine Schwester, einfach jeder in seinem Umkreis. Echt komisch auf einmal dieser Typ.
Wir halten in Albany an und machen eine Pause. Wir gehen in ein Geschäft und Marius und ich finden zwei Sonnenbrillen schön, allerdings kaufen wir sie nicht, da sie uns zu teuer waren. Draußen vor dem Geschäft händigt Ben uns auf einmal die Sonnenbrillen aus. Er hat sie geklaut. Wir sagen ihm, er solle sie zurück bringen, er sagt, dass wir sie entweder behalten können oder er schmeißt sie zerbrochen in den Müll. Da die Sonnenbrillen echt schön waren und Marius und ich echt keine Lust hatten irgendwo mit reingezogen zu werden beschließen wir, die Brillen zu behalten.
Die weitere Fahrt ist Ben weiterhin schrecklich mürrisch und unerträglich. Er schnauzt Marius an, dass er gefälligst besser Englisch reden soll und gibt mir die Schuld für zu hohen Spritverbrauch. Wir beschließen gegen ein Uhr nachts auf einem Rastplatz zu schlafen, wir wollten eigentlich 100km bis nach Esperance weiterfahren und da übernachten, da wir jedoch recht wenig Sprit im Tank haben und die Tankstellen alle geschlossen sind beschließen Marius und ich zu rasten. Ben ist eh schon eingeschlafen. Beim Anhalten wacht Ben auf und ärgert sich, dass wir nicht weiterfahren. Er will weiterfahren erklärt er und genehmigt sich einen großen Schluck aus der mittlerweile ¾ geleerten Johnny Walker Flasche. Wir sagen ihm, er soll nu gefälligst die Füße still halten und den Mund zu machen, er schläft ein. Marius und ich trinken noch etwas vom Johnny Walker und lassen und die ganze Chose durch den Kopf gehen.
Wer ist dieser Kerl? Warum war er die ganze Zeit so unglaublich freundlich und zuvorkommend? Wieso kocht er uns Kaffee oder klaut uns Sonnenbrillen? Seit dem er bei seiner Cousine war verströmt er einen unglaublich starken und penetranten Parfümgeruch, außerdem bewacht er seit dem seine komische schwarze Tasche wie seinen Augapfel. Er schläft sogar darauf. Warum hat er auf einmal diese unglaubliche Hektik? Wenn wir genauer nachdenken fällt uns auf, dass er seit Tag eins, wo wir ihn kennengelernt haben, versucht hat sich an uns zu binden und uns zum Reisen zu überreden. Seit dem wir an ihn gebunden sind, wir mit ihm gereist sind, ist er ein völlig anderer Mensch.
Plötzlch wird und einiges klar: mit dem stimmt was nicht. Vielleicht schmuggelt er was oder wie auch immer, irgendwas stimmt mit dem Jungen nicht. Wir beschließen ihn wieder abzugeben.

19.9.2012

Wir haben beide fast gar nicht geschlafen, Ben hat auf der Rückbank im Schlaf wie verrückt rumgetobt. Wir tanken und brechen nach Esperance auf. Ben ist wieder bester Dinge und sagt er wolle fahren. Kann er voll vergessen.
In Esperance sagen wir ihm, dass wir schwer keine Lust mehr haben mit ihm zu reisen, da er irgendwie uns zu schräg ist. Er entschuldigt sich und unser Verlangen, dass er sich verp**st trifft auf Unverständnis. Wir erklären es ihm drei Mal und dann scheint er es verstanden zu haben. Er fragt uns, ob wir ihn noch 80Km bis nach Norseman fahren können, da er sonst nirgendwo mehr hinkäme und echt ein großes Problem habe. Wir beschließen, ihn mitzunehmen, da wir sowieso in diese Richtung müssen. Die folgenden 80Km waren die längsten 200Km meines Lebens. Er versucht sich einzuschleimen und alles. Er schenkt Marius seine Uhr und mir seine Lederjacke. Wir erklären ihm, dass wir den ganzen Kram gar nicht haben wollen und dass er einfach nur verschwinden soll, er beschließt Mittagessen zu kochen.
Wir fahren mit ihm zur nächsten Tanke und schmeißen ihn mehr oder weniger raus. Für den Fall, dass er in Ordnung ist, und Marius und ich bloß falsche Vorstellung hatten, haben wir ihm 70$ gegeben, damit er nicht völlig kaputt geht. Außerdem hab ich ihm meine Flip Flops gegeben, da er keine Schuhe mit hatte.

Was mit dem Typen nicht gestimmt hat wissen wir nicht. Vielleicht war er ja auch in Ordnung, wir wissen es nicht. Das mir dem Klauen scheint er öfters zu machen, immer wenn er uns etwas mitgebracht hat, hatte er nie einen Bon oder eine Tragetasche dabei. Generell haben wir auch nie Geld bei ihm gesehen.