Dienstag, 22. Januar 2013

Tuna, Simon und ein ziemlich teurer Parkplatz

14.1.2013

Es ist mal wieder unglaublich heiß und da wir mittlerweile zu fünft sind, beschließen wir, irgendwo hin zu fahren, wo es klimatisiert ist und so reisen wir in die nächste Bücherei. Wir haben Spaß mit dem kostenlosen Internet und genießen die Temperatur. Nichtsdestotrotz sind Marius und ich noch auf der Suche nach Arbeit. Beim Ben, unserem ehemaligen Chef, haben wir sicherlich einen Stein im Brett, seitdem ich ihm letztens die Leute von der Arbeitsagentur auf den Hals gehetzt habe, weil er nicht zahlen wollte. Ich rufe ihn an und er erklärt, dass er zur Zeit keine Arbeit habe. Ich gebe Bens Nummer an Arne und Tobi (die anderen beiden Backpacker) weiter und Ben sagt, sie könnten morgen anfangen. Alles klar, das war’s dann wohl mit dem Weinberg.
Gegen Abend kochen wir zusammen und Tobi ruft einen anderen Arbeitgeber an, bei dem er vorher schon mal mit Arne zusammen gearbeitet hat, der Arbeitgeber hat morgen Arbeit für vier von uns. „Juhu, endlich wieder in die Firma“ freut sich Marius und auch ich freue mich auch über Arbeit.

15.1.2013

Die „Firma“, wie Marius es stets nennt, ist eigentlich gar keine Firma sondern nur eine Garage in der wir Tomaten sortieren. Wir sortieren nach Größe, Farbe, Lust und Laune, immer wenn wir zwölf kleine Päckchen voll haben, sortieren wir diese in einen Karton und pro Karton bekommen wir zwei Dollar. Das ist das erste Mal, dass wir keinen Stundenlohn haben sondern nach Menge bezahlt werden, dieses Mal heißt es „auf Zeit“ arbeiten, nicht „zeitweise“ mal arbeiten. Irgendwie hat uns der andere Job besser gefallen, da hat man auch viel mehr Geld verdient. Nachdem wir alle Tomaten fleißig einsortiert hatten, kam eine Lieferung Brombeeren und Himbeeren, insbesondere bei den Himbeeren war es schwierig, aufeinen Stundenlohn von mehr als acht Dollar zu kommen, das ist hier so gut wir gar Nichts. Ein Glück ist gar nicht mehr so viel zu tun, gegen 17 Uhr machen wir Feierabend, am Samstag können wir wieder arbeiten. Super! Verlängertes Wochenende! Das passt uns super, wir kaufen alles für einen Grillabend (Fleisch, Goon) ein. Der Abend mit den anderen Backpackern ist sehr lustig und wir bleiben lange auf.

17.1.2012

Unser glorreiches Quintett hat beschlossen, nach Melbourne zu fahren, Tobi und Arne heißen ab jetzt Tuna und Simon, da Marius mit den Namen durcheinander gekommen ist. „Reisegruppe Melbourne“ bricht gegen Mittag auf und kommen am frühen Nachmittag am Strand in Melbourne an, und das ist auch gut so, da es heute unglaublich heiß ist. Wir bleiben sehr lange im Wasser und fahren anschließend zu Freunden von Tuna und Simon, die hier studieren und ein Haus gestellt bekommen haben. Heute Abend wollen wir das Nachtleben in Melbourne mal unter die Lupe nehmen. Eine Lupe brauchen wir auch, in der Nacht lebt leider gar nicht so viel wie erhofft, die meisten Clubs oder Pups haben entweder ab ein Uhr nachts geschlossen, oder sind unbezahlbar. Im „Luna Park“ haben sich zwölf Trommler eingefunden, die auf ihrer Trommel trommeln und so einige begeisterte Trommelfans um sich scharren. Wir hören den Trommlern eine Zeit lang zu und fahren anschließend mit der ersten S-Bahn nach Hause. Tuna kennt sich am Besten von uns in Melbourne aus und so sind wir auch schon gegen Sonnenaufgang zurück in der Wohnung, in der wir auch übernachten dürfen.

18.1.2012

Nachdem alle ausreichend geschlafen und gefrühstückt haben, brechen wir auf in Richtung Melbourne. Wir wollen auf den Victoria Market, ein sehr großer und berühmter Markt in Melbourne, der allerdings nur bis 17 Uhr geöffnet hat. Da wir sowieso mal wieder spät dran sind, beschließen wir, nicht außerhalb von Melbourne zu parken sondern diesmal gleich in der Innenstadt. Die Schilder sind unschlüssig, wir sind uns aber sicher, dass wir auf den Platz wo wir stehen, auch stehen dürfen. Parkhäuser kosten in der Innenstadt 17$ pro Stunde. Der Victoria Market natürlich schon um 16 Uhr vorbei und nicht wie ausgeschrieben um 17 Uhr, wir lassen und jedoch mal wieder nicht aus der Ruhe bringen und traben zurück Richtung Auto.

Kennt ihr den Moment, wenn man in ein Parkhaus geht und sich so denkt:“ Ey man, wo ist mein Auto?“ Auf größeren Parkplätzen passiert das auch schon mal. Unser Auto haben wir in der Victoria Street stehen lassen, als wir jedoch auf das schwarze Stück Asphalt geblickt haben, auf dem vorher unser Auto stand, hatten wir leider keinen dieser „Ey man, wo ist mein Auto?“ Momente, das war mehr so ein „F*?k, mein Auto ist weg!!“ Moment. Unser Auto ist weg. Aber wo ist es? Geklaut? Schließlich entdecken wir auf dem Schild ein kleines, rotes „C“ und eine Aufschrift, die uns verbietet zwischen 16 Uhr und 18 Uhr dort zu parken, sonst darf man so lange dort stehen wie man will. Wir haben 16:20 Uhr. Auf der Parkuhr entdecken wir einen kleinen Sticker, auf dem eine Telefonnummer vom Abschleppdienst steht. Die elektronische Frauenstimme verrät mir, dass ich mein Auto am anderen Ende der Stadt wieder abholen kann, 322$ kostet uns der Spaß. Ironischerweise liegt der Abschleppdienst genau auf der Straße, auf der wir ursprünglich und umsonst Parken wollten. Dort angekommen warten ca. 15 Leute mit uns zusammen an der Kasse um ihr Auto abzuholen, der Abschleppdienst ist nur für die Innenstadt von Melbourne. Anscheinend sind wir nicht die einzigen, die das mit den Schildern nicht auf Anhieb verstanden haben. Kleinen rotes „C“ bedeutet also: Abschleppen. Die Innenstadt ist noch mal in drei Bezirke aufgeteilt die natürlich auch noch mal unterschiedlich viel kosten, ein Glück haben wir uns den günstigsten Abschlepptarif ausgesucht. Und wenn das alles wäre: Da wir auf dem falschen Parkplatz geparkt haben, sind wir logischerweise Falschparker, das belohnt die Stadt mit weiteren 141$. Dagegen ist falsch Parken in Deutschland ja ein Schnäppchen. Ab 16 Uhr durfte man da nicht mehr parken, wir haben um 16:04 das Parkticket für’s falsch Parken bekommen und wurden um 16:11 abgeschleppt. Das nenn ich mal Service!!!
Andere Leute kaufen sich einen Parkplatz für 17$ die Stunde und wir leisten uns gleich den Premiumplatz mit Überraschungseffekt. Na ja, immerhin wissen wir jetzt, wie viel der teuerste Parkplatz in Melbourne kostet: 463$.

19.1.2013

Auf geht es wieder in die Firma, Himbeeren sortieren und Brombeeren stapeln. Wir lassen uns auch nicht mit der Sache mit dem Parken aus der Ruhe bringen. Viel wichtiger ist, wir brauchen jetzt wieder einen Job! Ben, der ehemalige Traubenpflückerchef geht nicht mehr an sein Handy und Tuna und Simon wollten ja eigentlich auch schon für ihn arbeiten, haben es jedoch mangels Erreichbarkeit seinerseits nicht geschafft ein Treffen o.Ä. zu arrangieren. Schließlich nehme ich unser Handy, stelle ein, dass der Angerufene meine Nummer nicht sehen kann und rufe erneut an. Dieses mal melde ich mich nicht wie sonst immer unter dem Namen „Steve“, sondern „Steffähn“, mit einer langen Betonung auf dem „äh“. Ben sagt, dass er gerade noch vier deutsche Backpacker gebrauchen kann und wir sind eingestellt. Ha!, was für ein Idiot. Wir stapeln und verpacken noch ein paar Beeren, fahren nach Hause zum Campingplatz und freuen uns.

21.1.2013

Um 7:30 sollen wir da sein und sind pünktlich wie die Maurer eine halbe Stunde zu früh. Chris, unser Supervisorin, also die Chefin, kennen Marius und ich noch vom letzten Jahr, da wir auch schon mal mit ihr gearbeitet haben, ist auch schon da und freut sich, dass wir so pünktlich sind. Unsere heutige Arbeit nennt sich „botteln“, wir füllen Weinflaschen ab. Dafür hat sich das Weingut eine mobile Bottelmaschine kommen lassen, in einem Truck werden die Flaschen erst gereinigt, abgefüllt, Drehverschluss bzw. Korken drauf gepresst, etikettiert, in Kartons gelegt und gestapelt. Marius und Simon haben die Kartons gestapelt während Tuna die Flaschen in die Kartons gelegt hat und ich die Flaschen vorne in die Maschine gestellt habe. 27.428 Flaschen haben wir an dem Tag abgefüllt, alle 1,167 Sekunden stellt die Maschine eine Flasche fertig. Nach elf Stunden werden wir auf ein Bier eingeladen und das Weingut schenkt uns 13 Flaschen Wein.

22.1.2013

Ben schreibt uns um fünf Uhr morgens, dass er heute nur zwei von uns vieren gebrauchen kann. Marius und ich bringen Tuna und Simon zur Arbeit und gehen etwas in die Stadt, da wir unser Auto mal richtig gründlich reinigen wollen. Die Staubsauger in der Waschstraße erinnern an einen „einarmigen Banditen“ aus Las Vegas, viele bunte Farben und Leuchtschriften versuchen einen davon zu überzeugen, sein Auto mit einer Sprühpistole von innen einzusprühen, um anschließend einen feschen Erdbeer- oder Vanilleduft im Interieur zu haben. Echt verrückt, diese Australier.

Sonntag, 13. Januar 2013

Knust, ein Pool und eine Baracke

4.1.2013

Es ist.. ähm, Montag? Freitag? Fest steht, dass wir irgendeinen Tag und nicht Nacht haben, dementsprechend fahren wir in die Stadt und gucken, was man hier so treiben kann. Die Stadt Yarra Junction ist nicht sonderlich groß und deswegen kann man auch nicht viel treiben. Wir setzen uns in die Bücherei und laden sämtliche Elektrogeräte auf und gehen im Schwimmbad duschen. Heute Abend wollen ein paar Schwaben, die wir auf der Arbeit kennengelernt haben zu Besuch kommen, sie kommen gerade von der „Great Ocean Road“ und sind verständlicherweise voll mit positiven Eindrücken der bewundernswerten Naturwunder. Außerdem lehren sie uns wie kreativ man mit der deutschen Sprache umgehen kann: abgesehen von dem lustigen Akzent gibt es auch jede Menge neue Wörter.

Gestern haben wir ein paar Deutsche getroffen, die sich in Sydney kennengelernt haben und aus vier verschiedenen Himmelsrichtungen Deutschlands kommen, deswegen gibt es einige sprachliche Streitigkeiten. Die vier haben sich gestern den ganzen Abend über die Existenz von Wörtern wie „Tuschkasten“ (Kasten mit Wasserfarben), „Knust“ (Endstück vom Brot), oder „ich hab da keinen Turn drauf“ ( modern für: kein’ Bock) gestritten. Nachdem sich die Schwaben zu uns gesetzt hatten und fest behauptet haben, dass das Endstück vom Brot nicht wie Marius und ich gesagt haben „Knäppchen“ heißt, sondern „Riebele“, war der Diskussion gar kein Ende mehr zu setzen.

5.1.2012

Wir haben Januar und es ist komischerweise sehr heiß. Gestern Abend haben wir mit den Schwaben zusammen ums Lagerfeuer gesessen und Geschichten aus Australien ausgetauscht. Marius, Janne und ich sind uns einig, dass der Dialekt der Schwaben uns zwar amüsiert, jedoch in manchen Fällen schwer ernst zu nehmen ist. Wir haben jedoch jede Menge Spaß zusammen.
Abends gehen wir einkaufen und lernen ein paar Mädchen aus Berlin kennen, sie beschließen kurzfristig mit uns zu kommen, damit sie auf ihrem Campingplatz keine weiteren Gebühren mehr zahlen müssen. Die Mädchen aus Berlin behaupten doch tatsächlich, dass man das Endstück vom Brot „Kanten“ nennt. „Kanten“, „Riebele“, Knust“ oder „Knäppchen“, fest steht, dass die letzte Scheibe nicht die Leckerste ist.

7.1.2013

Das Wetter ist unglaublich warm und wir beschließen, in die Library zu fahren. Vorher müssen wir noch zu einem Reifenhändler, um unseren platten Reifen reparieren zu lassen. Den Rest des Tages verbringen wir in der Bücherei und genießen die Klimaanlage und das freie Internet. Da uns unser Chef unser Geld immer noch nicht überwiesen hat, suche ich im Internet nach Hilfe. Eine Art Arbeitsagentur verspricht im Internet sich um so was zu kümmern. Ich rufe Ben erneut an und spreche ihm auf die Mailbox, dass er bald Post von der Arbeitsagentur bekomme, sofern ich nicht langsam mal mein Geld bekomme. Da er meinen Anruf nicht beantwortet, setze ich meine Drohung in die Tat um und kontaktiere die Arbeitsagentur. Ca. fünf Minuten später bekomme ich einen Anruf von Ben und er entschuldigt sich für das Dilemma und erkundigt sich nach unserem Bankkonto. Na also, geht doch.

9.1.2013

Ben, unser alter Chef, meldet sich nicht mehr und ob er weiterhin Arbeit für uns hat ist unklar. Wahrscheinlich mag er uns seit gestern sowieso nicht mehr allzu gerne. Die Schwaben beschließen das Feld zu räumen und brechen auf. Da die Mädels aus Berlin am arbeiten sind, beschließen wir etwas aufzuräumen um anschließend in Ruhe zu kochen und anschließend ein paar Filme zu schauen.

10.1.2013

Da wir voraussichtlich auch bald weiterreisen werden, beschließen wir noch mal nach Melbourne zu fahren. Unsere Freunde haben uns ein Paket per Post geschickt, dieses sollte mittlerweile angekommen sein. Ich habe schon öfters bei dem Postamt angerufen, abgesehen von extra langen Warteschleifen und überflüssigen Infos über die australische Post konnte ich jedoch bis jetzt nicht in Erfahrung bringen. Wir gehen also zum Postamt und, siehe da, das Paket ist endlich da!!!

Das Paket enthält:

-Vier Boxershorts (Danke, wir wollten sowieso noch mal wechseln)

-Jede Menge Briefe (Danke, der Marius hat bei dem ganzen Papierkram zwar fast einen Anfall bekommen, wir haben uns jedoch total gefreut!!!!)

-Ein Kochbuch (Danke Mama, aber was ist bitte „Fenchel“?!?)

-Ein Stück Tannenbaum (auch hier Danke dafür, leider hat der Ast die Reise nicht so richtig überlebt, das Ankleben der Nadeln erschien uns zu stressig und dementsprechend ist und bleibt der Ast braun)

-Ein Kölnaufkleber fürs Auto (Auch hier Danke, wir sind garantiert die Einzigen die so was hier haben)

-Ein Satz Gitarrensaiten und ein Plektron (Danke Tobi, der Kram ist hier ein Vermögen wert)

Vielen Dank geht insbesondere an Jan und Sabi, da die beiden das Paket verschickt haben. Vielen Dank auch an alle anderen die sich mit Zettel und Stift bewaffnet haben (und nicht wie der Herr Helmer „Kosten und Mühen“ gescheut haben, kleiner Spaß am Rande ;-) ) und uns dieses Paket gesendet haben.

11.1.2013

Da wir gestern zu viel mit dem Paket beschäftigt waren und zu allem Überfluss auch noch keinen Parkplatz gefunden haben, ist unser Tag in Melbourne mehr oder weniger ins Wasser gefallen. Also beschließen wir noch mal aufzubrechen. Am frühen Morgen kommt ein Ranger vorbei (ein Ranger ist sozusagen ein Polizist, der sich nur um Wälder und Natur kümmert) und erklärt, dass ab heute absolutes Lagerfeuerverbot gelte, da es sehr heiß werde. Wir beschließen kurzerhand an den Strand zu fahren und genießen das Wetter in vollen Zügen.

Anschließend hat uns ein Kumpel namens „Shaun“ auf eine Geburtstagsparty eingeladen in Healesville, in der Nähe von dem Dorf in dem wir campen. Vorher besuchen wir noch einen anderen Kumpel in Melbourne, der gerade bei Bekannten auf einem „Chillerabend“ ist. Dieser Chillerabend findet in der letzten Baracke statt, die man sich vorstellen kann: Ca. 15 Jugendliche leben zusammen in einem Haus, es tropft Wasser von der Decke, alle Möbel sind zertreten, es stinkt, in der Küche steht nur ein einziger Campingkocher im Wert von zehn Dollar, die Toilette ist.. Okay, ab hier hört die Sache an untauglich für den Blog zu werden. Wir sind so dreist und schießen ein paar Fotos und machen uns auf den Weg zu Shaun. Shaun lebt mit einem Kumpel und seiner Freundin zusammen in einem Haus. Eine Freundin feiert Geburtstag und wir werden freundlicherweise eingeladen. Zum Glück ist diese Poolparty das exakte Gegenteil von der Bruchbude in der wir vorher waren, die Leute sehen aus wie echte Menschen und das Haus scheint von einer Familie bewohnt zu sein. Wir feiern mit den Australiern bis in die späte Nacht und haben jede Menge Spaß.

12.1.2013

Shaun ist völlig verkatert und auch wir drei sind uns einig, dass unser Kopfweh beweist wie toll die Party war. Sehr toll. Wir frühstücken bei Subway und anschließend tauschen Shaun und ich Musik aus. Die Australier haben einen sehr interessanten und eigenen Geschmack, sehr cool.
Der Reifenhändler scheint nicht der beste Mann seines Faches zu sein, der Reifen ist schon wieder platt, obwohl wir ihn bis jetzt noch nicht montiert haben. Na toll.
Gegen Abend kommen zwei weitere deutsche Backpacker vorbei und wir tauschen mal wieder unsere Lebensgeschichten aus.

Donnerstag, 3. Januar 2013

Eine Traubenschlacht, ein weit entfernter Busch und komische Postangestellte

14.12.2012

Nach dem wir gestern sehr entspannt Heu durch die Gegend getragen haben, haben wir unseren neuen Job natürlich erst mal gefeiert. Wir haben uns ins Zelt gesetzt und gehofft, dass der Dauerregen endlich aufhört. Außerdem wollte sich unser Boss nicht melden und uns sagen, wo er uns heute sehen will. Heute morgen um 5:20 kam erst die Adresse per Sms. Das war auch ungefähr der Moment in dem ich mich gefragt habe, warum ausgerechnet Marius und ich den angeblich verregnettesten Winter und Frühling miterleben dürfen.
Unsere heutige Mission lautet: Wire lifting, oder auch: faul sein und abhängen. Die Weinroben in den Weinbergen wachsen an diesem „Wire“ hoch und werden so stabilisiert, unsere Aufgabe ist es, das Kabel, also das „Wire“ rauszuziehen und 30cm höher wieder anzubringen. Da sämtliche Vorrichtungen schon da sind, müssen wir nur einmal an dem Kabel ziehen, es hochdrücken und einhaken. Wir arbeiten mit einem Iren und zwei anderen Deutschen zusammen. Chris und Kevin kommen aus Köln und Solingen, wir verstehen und prächtig und dadurch wird unser Arbeitstempo selbstverständlich (fast) gar nicht beeinträchtigt. Unser unmotivierter „Supervisor“, also der Chef, scheint sich sowieso gar nicht dafür zu interessieren was wir so treiben.

15.12.2012

Endlich Wochenende, haben wir uns aber auch verdient nach diesen neun ultra harten Arbeitsstunden. Haha.
Gegen Abend kommen Chris und Kevin vorbei und bringen Bier mit. Ihr weißer Bus fällt durch eine sehr elegante Kuh-Optik auf. Wir machen ein kleines Lagerfeuer und trinken Bier. Nieselregen, Lagerfeuer, Bier, in solchen Momenten vergisst man doch glatt, dass man in Australien ist und nicht in Deutschland.

16.12.2012

Juhu, es regnet. Gegen Nachmittag fängt das Wetter endlich an besser zu werden und Marius und ich ergreifen sofort die Gelegenheit und trocknen unsere Arbeitsklamotten, die seit Freitag total nass sind.

17.12.2012

Ich hasse Montage.

18.12.2012

Happy Birthday to me! Um Punkt zwölf singt Janne mir ein Ständchen und Marius schläft zum Rhythmus. Weitere fünf Stunden später klingelt auch schon mein Wecker. Puh, habe ich ein Glück, dass ich das Geburtstagskind bin. Das Geburtstagskind darf nämlich entscheiden.

„Das Geburtstagskind will ein super Sandwich zum Frühstück und Kaffee und Sonne und Fritten und ich will nach Köln und was leckeres zum Essen und für die Arbeit ebenfalls!“

Wie im Flug hat Marius Messer, Schere und Brot zusammengesucht und mir ein ansehnliches Riesenbrot geschmiert.
Unsere Arbeit besteht heute, genau wie gestern, aus gar Nichts tun und Konversation führen. Unser 14-köpfiges Team besteht aus:

-Vier weiteren deutschen, die seit drei Wochen hier arbeiten und sich in Sydney kennengelernt haben.

-Ein anderes deutsches Pärchen, Vivian und Viviane (Vivian ist offenbar auch ein männlicher Vorname) könnten optisch sogar Geschwister sein.

-Zwei unmotivierte Engländer

-Zwei unglaublich motivierte Australier, Marius, mir und zwei ältere Supervisor (Aufsichtspersonen).

Wir sollen den ganzen Tag wieder „Wire Lifting“ machen. Da die „Wire“ aber schon „gelifted“ sind, können wir heute noch nicht mal so tun als würden wir arbeiten.
Nachdem wir alle Pausen verdoppelt hatten und die Arbeit dementsprechend kürzer und entspannter ausgefallen ist, war auch schon Feierabend.
Die Arbeit ist wirklich ein schlechter Witz. Nachdem wir die bereits gelifteten Wires noch mal geliftet haben wechseln wir den Ort und arbeiten auf einem anderen Weinberg weiter. Hier sollen wir irgendwelche Weinroben beschneiden, wir haben allerdings bis heute nicht verstanden, welchen Teil wir abschneiden sollen und welchen nicht. Abgesehen von den beiden motivierten Australiern hat das offenbar niemand so richtig verstanden: die zwei Engländer sitzen einfach nur auf dem Boden rum, Vivi& Vivi laufen total verplant über das Feld und Marius und ich liefern uns eine filmreife Traubenschlacht mit Nahkampfszenen und Distanzschüssen mit den anderen Backpackern.

Wir haben beschlossen, meinen Geburtstag mit Chris und Kevin auf deren Campingplatz zu feiern, hier leben auch die anderen deutschen Backpacker. Wir machen zusammen ein sehr leckeres Barbeque und alle Leute tanzen nach meiner Pfeife, da das Geburtstagskind ja entscheiden darf. Echt total klasse, so’n Geburtstag.

Ich bekomme von Janne eine Kiste Bier geschenkt, vielen Dank noch mal.

20.12.2012

Wunderbar, gestern haben wir genauso viel Nichts gemacht wie die vorherigen Tage, heute bekommen wir dafür noch Unterstützung von Chris und Kevin. Die Supervisor erklären uns, sie freuten sich sehr bald auf Weihnachten und die Arbeit sei eigentlich egal. Dieser blöde Arbeitstag ist unglaublich langweilig, abgesehen von der Traubenschlacht. So stellen wir uns eine Klassenfahrt mit der 10a der Rüdli Hauptschule aus Berlin vor: Man macht nur Blödsinn und hofft, dass man nicht von Lehrern, bzw. Supervisorn gesehen wird, ein paar Leute sprechen kein Deutsch, die Aufsichtspersonen sind total genervt und keiner Bock auf die Tätigkeit, die wir angeblich machen sollen.
Abends gehen wir wieder zu Chris und Kevin auf den Campingplatz und machen mit den anderen Backpackern eine Abschiedsparty, da der Großteil von ihnen vor hat morgen aufzubrechen. Wir feiern bis in die späte Nacht, die Weinfarm, auf der wir heute gearbeitet haben, kann uns nicht ernsthaft erzählen, dass es noch etwas zu tun gebe, dementsprechend stellen wir uns vorsichtshalber darauf ein, dass wir morgen ausschlafen können.

21.12.2012

Da heute sowieso die Welt unter geht, kommt uns die Sache mit dem Ausschlafen gerade recht. Was tut man an so einem apokalyptischen Freitag? Konto auflösen? Sich betrinken? Kurve kratzen? Armageddon feiern und durch die Gegend eiern? Wir beschließen, Letzteres zu tun und besuchen Chris und Kevin. Marius hat sich leichtfertig mit einem Flip Flop bekleidet und nachdem Zeh auf Wurzel gestoßen ist und das Blut fließt, beschließt er, vorsichtshalber bei Chris und Kevin zu bleiben. Janne und ich versuchen währenddessen meine Kamera zu reparieren, da diese den Geist aufgegeben hat. Nach kurzer Zeit bemerken wir, dass hier kein technisches Geschick auf Ratlosigkeit trifft und so treffen wir den Entschluss kurzerhand in die nächste Stadt zu fahren, um jemanden zu suchen der etwas mehr Geschick und Rat hat. Im nächsten Kameraladen rät man mir, es wäre geschickter, eine neue Kamera zu kaufen, da eine Reparatur mehr koste als eine Neue. Tolle Wurst, aber garantiert nicht vor Weihnachten.

22.12.2012

Immer noch kein Weltuntergang in Sicht! Echt langweilig, dann brauchen wir ja doch noch einen Tannenbaum. Heutige Mission: Tannenbaum kaufen! Wir durchqueren gefühlte 15 Einkaufszentren, bis wir schließlich im Coles Supermarkt eine astreine Plastiktanne im Miniformat finden. Normalerweise sind Bäume die astrein sind, also ohne Äste, nicht so gut, aber bei unserem Plastikbusch mit tollen Lampen die die Farbe wechseln, machen wir eine Ausnahme. Tolles Teil! Im benachbarten Schrottladen, wo es Krempel den niemand wirklich braucht zum halben Preis gibt, schießen wir noch drei tolle Nikolausmützen und so kommt richtige Weihnachtsstimmung auf.

24.12.2012

Weihnachtszeit, Weihnachtszeit, sagt allen bescheid!

Bescheid.

Wir haben trotz der Tanne und den albernen Mützen echt kein Weihnachtsfeeling, das Wetter ist nicht so gut und das bremst unsere Laune ein Stück. Chris und Kevin haben mit ihrem Kuhauto bei uns übernachtet und treten gegen elf Uhr den Heimweg an. Sie erzählen, sie hätten sich gestern auf einer Gravel Road, also einer unbefestigten Straße, irgendwo mit ihrer Kuh im Wald verirrt und sie hätten dank der miserablen Straßenverhältnisse starke Probleme mit ihrer Kuh gehabt. Tja, so eine Kuh hat eben kein Allrad! Unser Pajero ist natürlich keine Kuh und kann deswegen die Ruckelpiste passieren. Wir machen einen Ausflug zu fünft und kommen an coolen Fotospots vorbei.
Desweiteren folgt ein Billiardtunier auf dem Campingplatz. Marius und mir macht das Kugelstoßen prächtig Spaß und merkwürdigerweise stehen Marius und ich uns im Finale gegenüber und können gar nicht verstehen warum wir da sind, haben wir das Spiel doch nur so gerade verstanden. Billiard ist in meinen Augen übrigens kein Sport sondern ein Spiel. Nachdem wir stundenlang irgendwelche blöden Rückrunden gespielt haben (die Anderen konnten ebenfalls nicht glauben, dass Marius und ich die Finalisten sind) geht es los zum Pizza essen. Verplant wie wir eben sind, hat es schon bald zehn Uhr geschlagen und die meisten Restaurants etc. haben schon geschlossen. In einer einzigen Pizzeria brennt noch Licht und die italienische Mama Mia belegt noch ein paar letzte Pizzen, bevor sie die Feiertage einleitet. Genau hier ordern wir auch unsere Pizzen zu super Preisen. Gegessen wir am Campingplatz. Tolle Weihnachten, wir sitzen um elf Uhr Abends in einer verlassenen Küche auf einem Campingplatz und essen Pizza. Der Höhepunkt sollte allerdings noch folgen: Chris spielt an seiner Pizza rum und entdeckt eine Küchenschabe unter dem Käse. Na toll, frohes Fest, ‚n Käfer im Essen, schlechtes Wetter und die Batterien im Plastikbaum zeigen uns jetzt, warum sie so günstig waren und geben den Geist auf. Wir haben zwar abgeklärt, dass ich im Blog schreibe, dass wir total tolle Weihnachten am Strand hatten, damit alle neidisch werden, aber ich habe mir überlegt, ehrlich zu bleiben.
Danach telefonieren wir noch mit unseren geliebten Freunden aus der Heimat und gucken Abends unseren lieblings Weihnachtsfilm „Schöne Bescherung“.

26.12.2012

Chris und Kevin sind mittlerweile nach „Cameron Corner“ aufgebrochen, da sie dort Silvester zelebrieren wollen. Dort trifft der Staat Victoria auf South Australia und New South Wales, dank der Zeitverschiebung zwischen den Staaten kann man dort in einer Stunde drei Mal Silvester feiern. Ist bestimmt auch lustig.

27.12.2012

So, das Fest ist überstanden. Wir haben es sogar total gut überstanden, wir leben noch und haben lediglich Rückenschmerzen von dem vielen liegen, das Wetter war nicht so klasse in den letzten Tagen. Immerhin haben wir den Trailer ordnungsgemäß bewacht, unsere einzigen Tätigkeiten haben sich auf ein paar Spaziergänge und ein paar Filme beschränkt. Was soll man auch tun, bei schlechtem Wetter?
Heute fahren wir nach Melbourne, unsere Freunde haben uns ein Paket zusammengestellt und es sollte mittlerweile da sein. Das Postamt in Melbourne hat allerdings geschlossen, am 31., pünktlich zu Silvester, soll es wieder offen haben. Da die Parksituation in Melbourne blöderweise echt mieß ist, fahren wir wieder heim und schauen einen der wenigen Filme, die wir noch nicht gesehen haben.

29.12.2012

Welcher Tag ist heute?

Wir haben mittlerweile echt den Überblick über solche „Nebensächlichkeiten“ verloren. Wir müssen niemals zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sein, da niemand uns zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sehen will und die Supermärkte haben auch Sonntags geöffnet.
Das Handy behauptet, wir hätten Donnerstag, wir schenken ihm glauben und beschließen zu Duschen. In der Stadt gehen wir ins Internet und machen ein paar Einkäufe.
Gegen Abend kommen ein paar Australier unseren Alters auf unseren Campingplatz und laden uns auf ein Barbeque ein, sehr nett von ihnen. Einer von ihnen sieht total blass aus und geht sehr früh schlafen, seine Freunde erklären uns, er sei schwer krank und habe nur noch drei Monate zu leben, echt krass was man hier stellenweise für Leute trifft.
Seine Freunde fragen uns was wir Silvester vorhaben und laden uns auf eine „Bushparty“ ein, das lassen wir uns selbstverständlich nicht zwei mal sagen.

31.12.2012

So, das Postamt in Melbourne hat wieder geöffnet und mit ganz viel Glück ist unser Paket schon da! Also, auf geht es nach Melbourne. Die Frau aus dem Postamt lässt mich wissen, dass die Pakete in die „Bourla Street Nr. 380“ umgeleitet werden, unser Navi lässt mich wissen, dass es diese Straße nicht gibt, zumindest nicht in Melbourne. Also zurück zum Postamt, eine andere Angestellte entschuldigt sich für den Fehler und korrigiert den Namen in „Bourke Street“, das Postamt habe heute allerdings geschlossen. Schon wieder so ‚ne tolle Wurst. Was noch viel nerviger ist, unser Chef hat und unser Geld noch nicht überwiesen, alle anderen Backpacker, die für ihn gearbeitet haben, haben mir gesagt, dass er normalerweise sehr zuverlässig sei, was die Zahlungen betreffe. Vielleicht hat der Kerl auch einfach nur Urlaub gemacht und sein Handy mal weggesperrt, ich habe ihm bereits mehrere Sms Nachrichten gesendet und möchte ihm jetzt nicht auf die Nerven gehen.
Also, auf geht es in den Busch zu der Buschparty. Die Party ist zwar 150Km entfernt, wir waren uns jedoch einig, dass wir alle schon sehr viele Feuerwerke gesehen haben und dass wir so mal in den Busch gehen können und das berühmte Feuerwerk in Melbourne verpassen können. In Australien ist es verboten, Feuerwerkskörper zu verkaufen, dementsprechend gibt es nur professionelle Feuerwerke in Großstädten. Das Einzige, das ich nicht verstehen kann ist, es gibt sooo viele Büsche in Australien, warum muss dieser blöde Busch soweit entfernt sein? Und, wie hat der Organisator diesen Busch gefunden? Na ja, wird schon seine Gründe haben. Die Party ist echt gut, die Technomusik ist zwar nicht so mein Fall aber wir lernen lustige Leute kennen. Um Punkt zwölf umarmt sich jeder und wir stoßen an.

1.1.2013

„Frosch Neusch!“

Die Party war echt super, die Idee zu dritt im Auto zu schlafen wäre nur halb so schlecht gewesen, wenn es wenigstens einen Parkplatz im Schatten gegeben hätte. Marius ist mal wieder der Einzige, der sich zum Schlafen zwingen kann.
Das Aufstehen zwischen Bierdosen in praller Sonne ist jedoch Nichts im Vergleich mit der Heimfahrt. Merkwürdigerweise kommen wir jedoch genau da an, wo wir hinwollten. Zwar im Schneckentempo, es ist jedoch das Endresultat, was zählt.

2.1.2012

Heute soll der andere Postladen wieder offen haben, also ab nach Melbourne in die Bourke Street. Wegen der schlechten Parksituation lässt Marius mich wieder an einer Straßenkreuzung raus und ich gehe los in Richtung Bourke Street. Die besagte Straße kommt mir sehr schmal vor, außerdem wundert es mich, dass ich auf einmal in einem Chinaviertel bin. Hausnummer 380 entpuppt sich schließlich als ein indonesisches Fast food Restaurant. Sieht echt einladend aus, dieser Laden, ich bin jedoch überhaupt nicht hungrig, ich will endlich ein Paket haben! Also, zurück zum Postamt. Nach 15 Minuten Warten wird mir schließlich erklärt, dass es noch eine andere Bourke Street gebe, da sei dann auch das Postamt. Endlich! Auf zu dem Postamt, das Paket ist noch nicht da. Schon wieder so eine tolle Wurst.
Ich kann doch nicht schon wieder mit leeren Händen nach Hause kommen. Überall steht irgendwas von „Sale“ und ich denke mir, wenn nicht jetzt, wann dann. Jetzt gibt es Kameras garantiert am günstigsten. Der erste Händler ist sehr unfreundlich und so beschließe ich zu dem Nächsten zu gehen. Der Asiate erkennt, dass ich ein Backpacker bin und drückt mir ein gummiartiges Dings in die Hand und erklärt, sie sei wasserdicht bis in unglaublich tiefe Tiefen und Schockfest. Ich erkläre ihm, dass ich zwar nicht der Ordentlichste bin, aber trotzdem schon auf eine Kamera aufpassen könnte und was das mit dem Wasser betrifft, sei ich sowieso eher der Badewannentyp. Andere Angebote hat er leider auch nicht auf Lager. Also gehe ich wieder zu dem anderen Händler und kaufe eine Kamera.