Donnerstag, 3. Januar 2013

Eine Traubenschlacht, ein weit entfernter Busch und komische Postangestellte

14.12.2012

Nach dem wir gestern sehr entspannt Heu durch die Gegend getragen haben, haben wir unseren neuen Job natürlich erst mal gefeiert. Wir haben uns ins Zelt gesetzt und gehofft, dass der Dauerregen endlich aufhört. Außerdem wollte sich unser Boss nicht melden und uns sagen, wo er uns heute sehen will. Heute morgen um 5:20 kam erst die Adresse per Sms. Das war auch ungefähr der Moment in dem ich mich gefragt habe, warum ausgerechnet Marius und ich den angeblich verregnettesten Winter und Frühling miterleben dürfen.
Unsere heutige Mission lautet: Wire lifting, oder auch: faul sein und abhängen. Die Weinroben in den Weinbergen wachsen an diesem „Wire“ hoch und werden so stabilisiert, unsere Aufgabe ist es, das Kabel, also das „Wire“ rauszuziehen und 30cm höher wieder anzubringen. Da sämtliche Vorrichtungen schon da sind, müssen wir nur einmal an dem Kabel ziehen, es hochdrücken und einhaken. Wir arbeiten mit einem Iren und zwei anderen Deutschen zusammen. Chris und Kevin kommen aus Köln und Solingen, wir verstehen und prächtig und dadurch wird unser Arbeitstempo selbstverständlich (fast) gar nicht beeinträchtigt. Unser unmotivierter „Supervisor“, also der Chef, scheint sich sowieso gar nicht dafür zu interessieren was wir so treiben.

15.12.2012

Endlich Wochenende, haben wir uns aber auch verdient nach diesen neun ultra harten Arbeitsstunden. Haha.
Gegen Abend kommen Chris und Kevin vorbei und bringen Bier mit. Ihr weißer Bus fällt durch eine sehr elegante Kuh-Optik auf. Wir machen ein kleines Lagerfeuer und trinken Bier. Nieselregen, Lagerfeuer, Bier, in solchen Momenten vergisst man doch glatt, dass man in Australien ist und nicht in Deutschland.

16.12.2012

Juhu, es regnet. Gegen Nachmittag fängt das Wetter endlich an besser zu werden und Marius und ich ergreifen sofort die Gelegenheit und trocknen unsere Arbeitsklamotten, die seit Freitag total nass sind.

17.12.2012

Ich hasse Montage.

18.12.2012

Happy Birthday to me! Um Punkt zwölf singt Janne mir ein Ständchen und Marius schläft zum Rhythmus. Weitere fünf Stunden später klingelt auch schon mein Wecker. Puh, habe ich ein Glück, dass ich das Geburtstagskind bin. Das Geburtstagskind darf nämlich entscheiden.

„Das Geburtstagskind will ein super Sandwich zum Frühstück und Kaffee und Sonne und Fritten und ich will nach Köln und was leckeres zum Essen und für die Arbeit ebenfalls!“

Wie im Flug hat Marius Messer, Schere und Brot zusammengesucht und mir ein ansehnliches Riesenbrot geschmiert.
Unsere Arbeit besteht heute, genau wie gestern, aus gar Nichts tun und Konversation führen. Unser 14-köpfiges Team besteht aus:

-Vier weiteren deutschen, die seit drei Wochen hier arbeiten und sich in Sydney kennengelernt haben.

-Ein anderes deutsches Pärchen, Vivian und Viviane (Vivian ist offenbar auch ein männlicher Vorname) könnten optisch sogar Geschwister sein.

-Zwei unmotivierte Engländer

-Zwei unglaublich motivierte Australier, Marius, mir und zwei ältere Supervisor (Aufsichtspersonen).

Wir sollen den ganzen Tag wieder „Wire Lifting“ machen. Da die „Wire“ aber schon „gelifted“ sind, können wir heute noch nicht mal so tun als würden wir arbeiten.
Nachdem wir alle Pausen verdoppelt hatten und die Arbeit dementsprechend kürzer und entspannter ausgefallen ist, war auch schon Feierabend.
Die Arbeit ist wirklich ein schlechter Witz. Nachdem wir die bereits gelifteten Wires noch mal geliftet haben wechseln wir den Ort und arbeiten auf einem anderen Weinberg weiter. Hier sollen wir irgendwelche Weinroben beschneiden, wir haben allerdings bis heute nicht verstanden, welchen Teil wir abschneiden sollen und welchen nicht. Abgesehen von den beiden motivierten Australiern hat das offenbar niemand so richtig verstanden: die zwei Engländer sitzen einfach nur auf dem Boden rum, Vivi& Vivi laufen total verplant über das Feld und Marius und ich liefern uns eine filmreife Traubenschlacht mit Nahkampfszenen und Distanzschüssen mit den anderen Backpackern.

Wir haben beschlossen, meinen Geburtstag mit Chris und Kevin auf deren Campingplatz zu feiern, hier leben auch die anderen deutschen Backpacker. Wir machen zusammen ein sehr leckeres Barbeque und alle Leute tanzen nach meiner Pfeife, da das Geburtstagskind ja entscheiden darf. Echt total klasse, so’n Geburtstag.

Ich bekomme von Janne eine Kiste Bier geschenkt, vielen Dank noch mal.

20.12.2012

Wunderbar, gestern haben wir genauso viel Nichts gemacht wie die vorherigen Tage, heute bekommen wir dafür noch Unterstützung von Chris und Kevin. Die Supervisor erklären uns, sie freuten sich sehr bald auf Weihnachten und die Arbeit sei eigentlich egal. Dieser blöde Arbeitstag ist unglaublich langweilig, abgesehen von der Traubenschlacht. So stellen wir uns eine Klassenfahrt mit der 10a der Rüdli Hauptschule aus Berlin vor: Man macht nur Blödsinn und hofft, dass man nicht von Lehrern, bzw. Supervisorn gesehen wird, ein paar Leute sprechen kein Deutsch, die Aufsichtspersonen sind total genervt und keiner Bock auf die Tätigkeit, die wir angeblich machen sollen.
Abends gehen wir wieder zu Chris und Kevin auf den Campingplatz und machen mit den anderen Backpackern eine Abschiedsparty, da der Großteil von ihnen vor hat morgen aufzubrechen. Wir feiern bis in die späte Nacht, die Weinfarm, auf der wir heute gearbeitet haben, kann uns nicht ernsthaft erzählen, dass es noch etwas zu tun gebe, dementsprechend stellen wir uns vorsichtshalber darauf ein, dass wir morgen ausschlafen können.

21.12.2012

Da heute sowieso die Welt unter geht, kommt uns die Sache mit dem Ausschlafen gerade recht. Was tut man an so einem apokalyptischen Freitag? Konto auflösen? Sich betrinken? Kurve kratzen? Armageddon feiern und durch die Gegend eiern? Wir beschließen, Letzteres zu tun und besuchen Chris und Kevin. Marius hat sich leichtfertig mit einem Flip Flop bekleidet und nachdem Zeh auf Wurzel gestoßen ist und das Blut fließt, beschließt er, vorsichtshalber bei Chris und Kevin zu bleiben. Janne und ich versuchen währenddessen meine Kamera zu reparieren, da diese den Geist aufgegeben hat. Nach kurzer Zeit bemerken wir, dass hier kein technisches Geschick auf Ratlosigkeit trifft und so treffen wir den Entschluss kurzerhand in die nächste Stadt zu fahren, um jemanden zu suchen der etwas mehr Geschick und Rat hat. Im nächsten Kameraladen rät man mir, es wäre geschickter, eine neue Kamera zu kaufen, da eine Reparatur mehr koste als eine Neue. Tolle Wurst, aber garantiert nicht vor Weihnachten.

22.12.2012

Immer noch kein Weltuntergang in Sicht! Echt langweilig, dann brauchen wir ja doch noch einen Tannenbaum. Heutige Mission: Tannenbaum kaufen! Wir durchqueren gefühlte 15 Einkaufszentren, bis wir schließlich im Coles Supermarkt eine astreine Plastiktanne im Miniformat finden. Normalerweise sind Bäume die astrein sind, also ohne Äste, nicht so gut, aber bei unserem Plastikbusch mit tollen Lampen die die Farbe wechseln, machen wir eine Ausnahme. Tolles Teil! Im benachbarten Schrottladen, wo es Krempel den niemand wirklich braucht zum halben Preis gibt, schießen wir noch drei tolle Nikolausmützen und so kommt richtige Weihnachtsstimmung auf.

24.12.2012

Weihnachtszeit, Weihnachtszeit, sagt allen bescheid!

Bescheid.

Wir haben trotz der Tanne und den albernen Mützen echt kein Weihnachtsfeeling, das Wetter ist nicht so gut und das bremst unsere Laune ein Stück. Chris und Kevin haben mit ihrem Kuhauto bei uns übernachtet und treten gegen elf Uhr den Heimweg an. Sie erzählen, sie hätten sich gestern auf einer Gravel Road, also einer unbefestigten Straße, irgendwo mit ihrer Kuh im Wald verirrt und sie hätten dank der miserablen Straßenverhältnisse starke Probleme mit ihrer Kuh gehabt. Tja, so eine Kuh hat eben kein Allrad! Unser Pajero ist natürlich keine Kuh und kann deswegen die Ruckelpiste passieren. Wir machen einen Ausflug zu fünft und kommen an coolen Fotospots vorbei.
Desweiteren folgt ein Billiardtunier auf dem Campingplatz. Marius und mir macht das Kugelstoßen prächtig Spaß und merkwürdigerweise stehen Marius und ich uns im Finale gegenüber und können gar nicht verstehen warum wir da sind, haben wir das Spiel doch nur so gerade verstanden. Billiard ist in meinen Augen übrigens kein Sport sondern ein Spiel. Nachdem wir stundenlang irgendwelche blöden Rückrunden gespielt haben (die Anderen konnten ebenfalls nicht glauben, dass Marius und ich die Finalisten sind) geht es los zum Pizza essen. Verplant wie wir eben sind, hat es schon bald zehn Uhr geschlagen und die meisten Restaurants etc. haben schon geschlossen. In einer einzigen Pizzeria brennt noch Licht und die italienische Mama Mia belegt noch ein paar letzte Pizzen, bevor sie die Feiertage einleitet. Genau hier ordern wir auch unsere Pizzen zu super Preisen. Gegessen wir am Campingplatz. Tolle Weihnachten, wir sitzen um elf Uhr Abends in einer verlassenen Küche auf einem Campingplatz und essen Pizza. Der Höhepunkt sollte allerdings noch folgen: Chris spielt an seiner Pizza rum und entdeckt eine Küchenschabe unter dem Käse. Na toll, frohes Fest, ‚n Käfer im Essen, schlechtes Wetter und die Batterien im Plastikbaum zeigen uns jetzt, warum sie so günstig waren und geben den Geist auf. Wir haben zwar abgeklärt, dass ich im Blog schreibe, dass wir total tolle Weihnachten am Strand hatten, damit alle neidisch werden, aber ich habe mir überlegt, ehrlich zu bleiben.
Danach telefonieren wir noch mit unseren geliebten Freunden aus der Heimat und gucken Abends unseren lieblings Weihnachtsfilm „Schöne Bescherung“.

26.12.2012

Chris und Kevin sind mittlerweile nach „Cameron Corner“ aufgebrochen, da sie dort Silvester zelebrieren wollen. Dort trifft der Staat Victoria auf South Australia und New South Wales, dank der Zeitverschiebung zwischen den Staaten kann man dort in einer Stunde drei Mal Silvester feiern. Ist bestimmt auch lustig.

27.12.2012

So, das Fest ist überstanden. Wir haben es sogar total gut überstanden, wir leben noch und haben lediglich Rückenschmerzen von dem vielen liegen, das Wetter war nicht so klasse in den letzten Tagen. Immerhin haben wir den Trailer ordnungsgemäß bewacht, unsere einzigen Tätigkeiten haben sich auf ein paar Spaziergänge und ein paar Filme beschränkt. Was soll man auch tun, bei schlechtem Wetter?
Heute fahren wir nach Melbourne, unsere Freunde haben uns ein Paket zusammengestellt und es sollte mittlerweile da sein. Das Postamt in Melbourne hat allerdings geschlossen, am 31., pünktlich zu Silvester, soll es wieder offen haben. Da die Parksituation in Melbourne blöderweise echt mieß ist, fahren wir wieder heim und schauen einen der wenigen Filme, die wir noch nicht gesehen haben.

29.12.2012

Welcher Tag ist heute?

Wir haben mittlerweile echt den Überblick über solche „Nebensächlichkeiten“ verloren. Wir müssen niemals zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sein, da niemand uns zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sehen will und die Supermärkte haben auch Sonntags geöffnet.
Das Handy behauptet, wir hätten Donnerstag, wir schenken ihm glauben und beschließen zu Duschen. In der Stadt gehen wir ins Internet und machen ein paar Einkäufe.
Gegen Abend kommen ein paar Australier unseren Alters auf unseren Campingplatz und laden uns auf ein Barbeque ein, sehr nett von ihnen. Einer von ihnen sieht total blass aus und geht sehr früh schlafen, seine Freunde erklären uns, er sei schwer krank und habe nur noch drei Monate zu leben, echt krass was man hier stellenweise für Leute trifft.
Seine Freunde fragen uns was wir Silvester vorhaben und laden uns auf eine „Bushparty“ ein, das lassen wir uns selbstverständlich nicht zwei mal sagen.

31.12.2012

So, das Postamt in Melbourne hat wieder geöffnet und mit ganz viel Glück ist unser Paket schon da! Also, auf geht es nach Melbourne. Die Frau aus dem Postamt lässt mich wissen, dass die Pakete in die „Bourla Street Nr. 380“ umgeleitet werden, unser Navi lässt mich wissen, dass es diese Straße nicht gibt, zumindest nicht in Melbourne. Also zurück zum Postamt, eine andere Angestellte entschuldigt sich für den Fehler und korrigiert den Namen in „Bourke Street“, das Postamt habe heute allerdings geschlossen. Schon wieder so ‚ne tolle Wurst. Was noch viel nerviger ist, unser Chef hat und unser Geld noch nicht überwiesen, alle anderen Backpacker, die für ihn gearbeitet haben, haben mir gesagt, dass er normalerweise sehr zuverlässig sei, was die Zahlungen betreffe. Vielleicht hat der Kerl auch einfach nur Urlaub gemacht und sein Handy mal weggesperrt, ich habe ihm bereits mehrere Sms Nachrichten gesendet und möchte ihm jetzt nicht auf die Nerven gehen.
Also, auf geht es in den Busch zu der Buschparty. Die Party ist zwar 150Km entfernt, wir waren uns jedoch einig, dass wir alle schon sehr viele Feuerwerke gesehen haben und dass wir so mal in den Busch gehen können und das berühmte Feuerwerk in Melbourne verpassen können. In Australien ist es verboten, Feuerwerkskörper zu verkaufen, dementsprechend gibt es nur professionelle Feuerwerke in Großstädten. Das Einzige, das ich nicht verstehen kann ist, es gibt sooo viele Büsche in Australien, warum muss dieser blöde Busch soweit entfernt sein? Und, wie hat der Organisator diesen Busch gefunden? Na ja, wird schon seine Gründe haben. Die Party ist echt gut, die Technomusik ist zwar nicht so mein Fall aber wir lernen lustige Leute kennen. Um Punkt zwölf umarmt sich jeder und wir stoßen an.

1.1.2013

„Frosch Neusch!“

Die Party war echt super, die Idee zu dritt im Auto zu schlafen wäre nur halb so schlecht gewesen, wenn es wenigstens einen Parkplatz im Schatten gegeben hätte. Marius ist mal wieder der Einzige, der sich zum Schlafen zwingen kann.
Das Aufstehen zwischen Bierdosen in praller Sonne ist jedoch Nichts im Vergleich mit der Heimfahrt. Merkwürdigerweise kommen wir jedoch genau da an, wo wir hinwollten. Zwar im Schneckentempo, es ist jedoch das Endresultat, was zählt.

2.1.2012

Heute soll der andere Postladen wieder offen haben, also ab nach Melbourne in die Bourke Street. Wegen der schlechten Parksituation lässt Marius mich wieder an einer Straßenkreuzung raus und ich gehe los in Richtung Bourke Street. Die besagte Straße kommt mir sehr schmal vor, außerdem wundert es mich, dass ich auf einmal in einem Chinaviertel bin. Hausnummer 380 entpuppt sich schließlich als ein indonesisches Fast food Restaurant. Sieht echt einladend aus, dieser Laden, ich bin jedoch überhaupt nicht hungrig, ich will endlich ein Paket haben! Also, zurück zum Postamt. Nach 15 Minuten Warten wird mir schließlich erklärt, dass es noch eine andere Bourke Street gebe, da sei dann auch das Postamt. Endlich! Auf zu dem Postamt, das Paket ist noch nicht da. Schon wieder so eine tolle Wurst.
Ich kann doch nicht schon wieder mit leeren Händen nach Hause kommen. Überall steht irgendwas von „Sale“ und ich denke mir, wenn nicht jetzt, wann dann. Jetzt gibt es Kameras garantiert am günstigsten. Der erste Händler ist sehr unfreundlich und so beschließe ich zu dem Nächsten zu gehen. Der Asiate erkennt, dass ich ein Backpacker bin und drückt mir ein gummiartiges Dings in die Hand und erklärt, sie sei wasserdicht bis in unglaublich tiefe Tiefen und Schockfest. Ich erkläre ihm, dass ich zwar nicht der Ordentlichste bin, aber trotzdem schon auf eine Kamera aufpassen könnte und was das mit dem Wasser betrifft, sei ich sowieso eher der Badewannentyp. Andere Angebote hat er leider auch nicht auf Lager. Also gehe ich wieder zu dem anderen Händler und kaufe eine Kamera.

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